Das Häufige bleibt häufig
Pneumonie

Das Häufige bleibt häufig

Kommentar
Ausgabe
2022/45
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2022.09152
Swiss Med Forum. 2022;22(45):734

Affiliations
Kantonsspital Aarau, Aarau: a Klinik für Infektiologie und Infektionsprävention; b Medizinische Universitätsklinik

Publiziert am 09.11.2022

Saisonale Häufungen von Mykoplasmen-Pneumonien sensibilisieren uns immer wieder für grundsätzlich seltene atypische Erreger und bringen die Frage auf, wann und wie wir diese behandeln sollen.

Saisonale Häufungen von Mykoplasmen-Pneumonien sensibilisieren uns immer wieder für grundsätzlich seltene atypische Erreger und bringen die Frage auf, wann wir diese empirisch mit Makroliden, Doxycyclin oder einem respiratorischen Chinolon mitbehandeln sollen. Die Arbeit von Dürst et al. [1] in dieser Ausgabe des Swiss Medical Forum führt uns dabei anschaulich vor Augen, wie häufig dieser Entscheid auf dem Genesungsverlauf basiert. Mit Ausnahme der Legionellen verlaufen atypische Pneumonien auch ohne Antibiotika glücklicherweise meist günstig. Dies erlaubt, die ambulante Therapie mit Amoxicillin auf die häufigeren und gefürchteten Pneumokokken auszurichten, stationär ergänzt durch Clavulansäure zur Mitabdeckung postviraler Superinfektionen durch Staphylokokken. Gemäss dem Schweizerischen Zentrum für Antibiotikaresistenzen (ANRESIS) waren 2021 lediglich 1,4% der Pneumokokken resistent auf ein Aminopenicillin, aber 15,8% resistent auf Makrolide (fast 30% in der Romandie) und 14,2% auf Tetrazykline (mit Prädominanz in der West- und Südschweiz) [2].
Bezüglich der Legionellen versuchen wir wegzukommen von der Kochbuchregel «Zugabe von Makroliden bis zum Nachweis eines negativen Legionellen-Antigens im Urin» zugunsten einer Risikoevaluation auf 3 Pfeilern:
Die Makrolid-Resistenz der Mykoplasmen ist insbesondere im asiatischen Raum ein rasch wachsendes Problem. Patientinnen und Patienten mit entsprechendem Reisehintergrund sollten daher mit Doxycyclin behandelt werden. Aber auch in der Schweiz wurde eine Makrolid-Resistenz in rund 10% der Fälle beschrieben. Wurde die Diagnose mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) gestellt, kann bei klinischem Therapieversagen die initiale Probe später genetisch auf entsprechende Punktmutationen untersucht werden. So darf man getrost zuerst das klinische Ansprechen beobachten.
Die respiratorischen Chinolone haben wir übrigens nicht vergessen – sie sind uns aber zu kostbar für die empirische Therapie von Atemwegsinfektionen. Zu häufig machen wir die Erfahrung, dass wir gramnegative Infektionen bei Ciprofloxacin-Resistenz mangels Alternativen parenteral behandeln müssen oder gar keine biofilmaktiven Therapieoptionen mehr haben. Dies umso mehr, als es gute Daten gibt, dass Clarithromycin auch gegen Legionellen äquipotent ist [5].
Die Entwicklung von Resistenzen stellt ein zunehmendes Problem bei der antibiotischen Behandlung dar.
© Artinun Prekmoung / Dreamstime
Die Autoren haben deklariert, keine potentiellen Interessenskonflikte zu haben.
Dr. med. Sebastian Haubitz
Klinik für Infektiologie und Infektionsprävention
Medizinische Universitätsklinik
Kantonsspital Aarau
Tellstrasse 25
CH-5001 Aarau
1 Dürst L, Fehr T, Cusini A. Infektionen mit Mycoplasma pneumoniae. Swiss Med Forum. 2022;22(45):736–740.
2 anresis.ch [Internet]. Bern: Schweizerisches Zentrum für Antibiotikaresistenzen (ANRESIS) [abgerufen am 07.10.2022]. Verfügbar unter: https://www.anresis.ch
3 Fiumefreddo R, Zaborsky R, Haeuptle J, Christ-Crain M, Trampuz A, Steffen I, et al. Clinical predictors for Legionella in patients presenting with community-acquired pneumonia to the emergency department. BMC Pulm Med. 2009;9:4.
4 Haubitz S, Hitz F, Graedel L, Batschwaroff M, Wiemken TL, Peyrani P, et al. Ruling out Legionella in community-acquired pneumonia. Am J Med. 2014;127(10):1010.e11–9.
5 Jasper AS, Musuuza JS, Tischendorf JS, Stevens VW, Gamage SD, Osman F, Safdar N. Are fluoroquinolones or macrolides better for treating Legionella pneumonia? A systematic review and meta-analysis. Clin Infect Dis. 2021;72(11):1979–89.