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Die Herzinsuffizienz ist im klinischen Alltag sehr häufig und hat bei inadäquater Behandlung eine hohe Morbidität und Mortalität. Eine frühzeitige Diagnose und der zeitnahe Beginn einer Therapie sowie die rasche Aufdosierung sind entscheidend, um die Prognose zu verbessern.
Hintergrund
Die Prävalenz der Herzinsuffizienz (HI) liegt in der gesamten Population bei etwa 1–2% [1] und bei den über 70-Jährigen bei rund 10% [2–4]. In der Schweiz leiden somit circa 200 000 Menschen an einer HI. Die Neuerkrankungsfälle pro Jahr werden auf etwa 5000 bis 10 000 geschätzt. Bei über 65-Jährigen ist die HI der häufigste Grund für eine Hospitalisation. Neben der hochgradigen Verminderung der Lebensqualität (Morbidität, gemessen an der Häufigkeit der Hospitalisationen und typischen Symptome) ist die Sterblichkeit bei Vorliegen einer HI oft höher als bei den meisten Tumorerkrankungen [5]. Jede zweite Person mit einer HI verstirbt innerhalb von fünf Jahren.
Es gibt ein erhebliches Potential, die Diagnostik, Beurteilung und Therapie von HI-Patientinnen und -Patienten zu optimieren. Ziel dieses Artikels ist es, den derzeitigen Stand der Therapie einer HI mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF) gemäss den neuesten Guidelines der «Heart Failure Association of the European Society of Cardiology» (HFA/ESC) von 2021 und den seither neu publizierten Daten zusammenzufassen sowie neue Trends vorzustellen.
Definition und Pathophysiologie
Es gibt viele verschiedene Definitionen der HI – mit deutlichen Unterschieden. Die «Heart Failure Society of America», die HFA/ESC und die «Japanese Heart Failure Society» haben deshalb eine einheitliche Definition und Klassifikation der HI etabliert [6]. Vorrangiges Ziel dabei war es, diese klinisch relevant und einfach, aber umfassend zu halten, damit sie von Ärzteschaft und Forschenden weltweit systematisch angewendet werden können.
Die HI ist ein klinisches Syndrom mit typischen Zeichen und/oder Symptomen (siehe Tab. S1 im Online-Appendix des Artikels), die durch funktionelle/strukturelle kardiale Abnormitäten verursacht werden. Des Weiteren müssen erhöhte natriuretische Peptide (wie ein N-terminales pro B-Typ natriuretisches Peptid [NTproBNP] ≥125 pg/ml) oder objektivierbare Hinweise einer pulmonalen/systemischen Kongestion vorliegen (Röntgenaufnahme des Thorax, Echokardiographie, Herzkatheteruntersuchung) [6]. Die HI wird traditionell anhand des Befundes der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) in drei Gruppen eingeteilt: «heart failure with reduced ejection fraction» (HFrEF), «HF with mildly reduced EF» (HFmrEF) und «HF with preserved EF» (HFpEF). Diese Klassifizierung beruht auf Ergebnissen klinischer HI-Studien, die eine unterschiedliche Wirksamkeit der Medikamente für verschiedene EF-Kategorien gezeigt haben. Bei einigen Patientinnen und Patienten mit HFrEF (EF ≤40%) kann es im Verlauf durch eine adäquate Therapie zu einer deutlichen Verbesserung der EF kommen. Dieses Kollektiv sollte nicht als HFmrEF (41–49%) respektive HFpEF (≥50%) klassifiziert werden, sondern als «HF with improved EF» (HFimEF), da ein Absetzen der HFrEF-Therapie in dieser Gruppe mit einer schlechten Prognose assoziiert ist [6, 7] (Tab. 1).
Tabelle 1: Klassifikation Herzinsuffizienz | |||
HFrEF | HFmrEF | HFpEF | HFimpEF |
LVEF ≤40% Symptome u/o Zeichen der HI | LVEF 41–49% Symptome u/o Zeichen der HI | LVEF ≥50% Symptome u/o Zeichen der HI Strukturelle u/o funktionelle kardiale Störung | Ursprüngliche LVEF ≤40%, Anstieg der LVEF ≥10, 2. Messung mit LVEF >40% Symptome u/o Zeichen der HI |
HFrEF: heart failure with reduced ejection fraction; HFmrEF: heart failure with mildly reduced ejection fraction; HFpEF: heart failure with preserved ejection fraction; HFimEF: heart failure with improved ejection fraction; LVEF: linksventrikuläre Ejektionsfraktion; HI: Herzinsuffizienz; u/o: und/oder. |
Diagnostik
Häufig wird die HI erst spät erkannt. Kenntnisse über die klassischen Symptome (Belastungsdyspnoe, später auch Ruhedyspnoe; Müdigkeit und/oder schnelle Erschöpfung; periphere Ödeme; vor allem nächtlich auftretende Orthopnoe und/oder Husten) sind essentiell, um frühzeitig an eine HI zu denken und weitere diagnostische Schritte einzuleiten. Abbildung 1 zeigt den empfohlenen HFA/ESC-Algorithmus zur weiterführenden Diagnostik bei Verdacht auf HI.
Neben den Symptomen wird sowohl eine ausführliche Anamnese über potentielle Risikofaktoren, Vorerkrankungen, familiäre kardiovaskuläre Erkrankungen und Medikamente als auch eine 12-Kanal-Elektrokardiographie (EKG) empfohlen. Bei typischen Symptomen und erhöhten NTproBNP-Werten (≥125 pg/ml bei chronischer HI) ist das Vorliegen einer HI wahrscheinlich. NTproBNP wird exklusiv im Herz bei Erhöhung von Wandspannung/Füllungsdrücken produziert und hat eine hohe diagnostische Genauigkeit, um eine HI von anderen Dyspnoe-Ursachen zu unterscheiden. NTproBNP-Werte korrelieren stark mit dem Alter und der Nierenfunktion, weshalb altersabhängige Grenzwerte bei akuter HI mit Dyspnoe empfohlen sind (siehe Tab. S2 im Online-Appendix des Artikels). Generell gilt: Im akuten Setting sprechen Werte unter 300 pg/ml, unabhängig vom Alter, gegen eine HI (hoher negativer prädiktiver Wert), und je höher die NTproBNP-Werte sind, desto wahrscheinlicher ist das Vorliegen einer HI bei entsprechender Symptomatik. Zu beachten ist, dass bei Übergewichtigen die NTproBNP-Werte bis zu 50% erniedrigt sind [8]. Eine standardisierte Echokardiographie darf bei der Basisdiagnostik nicht fehlen, um eine Phänotypisierung anhand der EF zu erhalten, die neben der prognostischen Bedeutung auch für das weitere HI-Management wichtig ist. Darüber hinaus kann die Echokardiographie bereits erste Hinweise auf mögliche Ursachen der HI liefern (wie Wandbewegungsstörungen, Klappenvitien, infiltrative Prozesse, Kardiomyopathien, diastolische Dysfunktion). Eine unauffällige Echokardiographie ohne jegliche strukturelle und/oder funktionelle Abnormitäten macht das Vorliegen einer HI sehr unwahrscheinlich. Eine weiterführende, gezielte diagnostische Aufarbeitung zur Klärung der Ätiologie ist von grosser Bedeutung, da es für viele Ursachen spezifische und effektive Therapien gibt (z.B. bei Amyloidose) [9].
Therapie der HFrEF
Abbildung 2 zeigt die Empfehlungen der HFA/ESC-Guidelines 2021 für das Management von Patientinnen und Patienten mit HFrEF.
Drei wichtige Ziele sollten durch die Therapie erreicht werden: a) Reduktion der Mortalität, b) Reduktion der Hospitalisationsrate aufgrund von HI und c) Verbesserung von Symptomen, Leistungsfähigkeit und Lebensqualität. Die Basistherapie beruht auf vier Substanzgruppen, die alle sowohl das Mortalitätsrisiko als auch das Risiko für eine Hospitalisation aufgrund der HI reduzieren («disease modifying drugs»). Für die Modulation des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) und des sympathischen Nervensystems sind nach wie vor Angiotensin-Converting-Enzyme-Inhibitoren (ACEi) beziehungsweise Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitoren (ARNI; Kombination aus Sacubitril und Valsartan), Mineralkortikoid-Rezeptor-Antagonisten (MRA) und Betablocker (BB) die Eckpfeiler der HFrEF-Therapie. Neu gehören auch die Inhibitoren des Sodium-Glukose-Co-Transporters 2 (SGLT-2i) Dapagliflozin und Empagliflozin zur Basistherapie der HFrEF, auch wenn kein Diabetes mellitus besteht. Eine zeitnahe Auftitrierung auf die empfohlenen respektive maximal tolerierbaren Dosierungen ist essentiell. Im Vergleich zur ESC/HFA-Leitlinie 2016 wird der ARNI (Sacubitril/Valsartan) nun als Ersatz für ACEi empfohlen und kann auch de novo bei ACEi-naiven Personen in Betracht gezogen werden (Klasse-IIb-Empfehlung). Die Therapie mit den genannten vier Substanzklassen sollte frühzeitig und rasch erfolgen. Eine klare Empfehlung für die Umsetzung gibt es allerdings nicht. Niedrige Blutdruckwerte, eine eingeschränkte Nierenfunktion und eine Hyperkaliämie sind häufig limitierende Faktoren, um die empfohlenen Dosierungen (siehe Tab. S3 im Online-Appendix des Artikels) zu erreichen. Hilfestellung bietet hier das HFA-Positionspapier, in dem neun Profile von Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichen Limitationen identifiziert und spezifische Therapiekonzepte vorgeschlagen werden [10]. Durch dieses personalisierte Konzept erhofft man sich eine individualisierte Optimierung der empfohlenen Therapien. Im Falle von Hypervolämie und Zeichen einer systemischen/pulmonalen Stauung wird der Einsatz von Schleifendiuretika empfohlen. Eine weitere Neuerung in der Leitlinie ist die Herabstufung von Angiotensin-Rezeptor-Blockern (ARB), die nur noch zur Anwendung kommen sollten, wenn ACEi oder ARNI nicht toleriert werden.
Medikamentendosierung
Nach Beginn der HI-Behandlung sollte die Therapie alle zwei bis vier Wochen unter regelmässiger Kontrolle der Nierenwerte sowie des Kaliums (nach 1–2 Wochen) gesteigert werden. Von grosser Bedeutung ist die konsequente Hochtitrierung der jeweiligen Medikamente auf die (durch Daten aus klinischen Studien) empfohlenen beziehungsweise maximal tolerierbaren Dosierungen, um den bestmöglichen Benefit zu gewährleisten.
Wasserhaushalt (Euvolämie)
Ein weiteres Problem stellt die ideale Einstellung des Volumenhaushalts der Patientinnen und Patienten dar, da die Abschätzung des Volumenstatus nicht immer einfach und eindeutig ist. Eine integrative Evaluierung des Volumenstatus, bestehend aus klinischen Zeichen (hepatojugulärer Reflux, periphere Ödeme, Hepatomegalie, gestaute Jugularvenen), Bestimmung der natriuretischen Peptide, Röntgenaufnahme des Thorax, Lungen-Sonographie («B-lines») und Darstellung der Vena cava inferior (Durchmesser und Atemreagibilität), wird vor Entlassung empfohlen [11] (Abb. 3).
Eine standardisierte Echokardiographie vor Entlassung ist vor allem für das weitere Follow-up von Bedeutung, um Therapieeffekte und Veränderungen besser beurteilen zu können. Eine bestehende Hypervolämie bei Entlassung ist einer der stärksten Prädiktoren für eine Rehospitalisation und mit einer schlechten Prognose assoziiert, weshalb grosser Wert auf einen ausgeglichenen Volumenstatus vor Entlassung gelegt werden sollte [12, 13]. Besonders in den ersten Wochen nach Entlassung kommt es häufig zu Rehospitalisationen (vulnerable Phase), weshalb ein bis zwei Wochen nach Entlassung ein ambulanter Termin vereinbart werden sollte (Evaluierung des klinischen Status, Laborwertkontrolle, Medikamentenoptimierung).
SGLT-2-Inhibitoren
Die Erfolgsgeschichte der SGLT-2i begann 2015 mit der Veröffentlichung der Ergebnisse der EMPA-REG-OUTCOME-Studie [14], durch die eindrucksvoll gezeigt werden konnte, dass bei Personen mit Diabetes mellitus vom Typ 2 (T2DM) und hohem kardiovaskulären Risiko die Behandlung mit Empagliflozin das kardiovaskuläre Outcome deutlich verbessert. Interessanterweise fiel auch auf, dass die Häufigkeit von Hospitalisationen wegen HI durch Empagliflozin um 35% reduziert wurde. Nachdem weitere SGLT-2i (Canagliflozin, Dapagliflozin, Ertugliflozin und Sotagliflozin) positive Effekte auf das kardiovaskuläre Outcome in grossen randomisierten, plazebokontrollierten Studien (RCT) bei Diabetespatientinnen und -patienten gezeigt hatten, wurden Studien initiiert, um deren Wirksamkeit auch bei Personen mit HFrEF ohne T2DM zu überprüfen. Die sensationellen Ergebnisse der DAPA-HF-Studie [15], die erstmalig 2019 auf dem ESC-Kongress in Paris präsentiert wurden, war die Geburtsstunde einer neuen Substanzklasse für die Behandlung der HFrEF. Die zusätzliche Gabe von Dapagliflozin zu einer bereits etablierten HI-Therapie führte zu einer signifikanten Reduktion der kardiovaskulären und Gesamtmortalität sowie der HI-Hospitalisationsrate und verbesserte die klinische Beschwerdesymptomatik sowie die Lebensqualität. Ein Jahr später konnte in der EMPEROR-REDUCED-Studie [16] gezeigt werden, dass mit Empagliflozin ein ähnlich erfreuliches Ergebnis erzielt werden kann. Eine Metaanalyse der beiden Studien ergab, dass mit diesen Substanzen eine Reduktion der HI-Hospitalisationsrate, der Gesamtmortalität und der kardiovaskulären Mortalität erzielt werden kann und es darüber hinaus zu einer Verbesserung der renalen Endpunkte kommt [17]. In der Studie DAPA-CKD [18] (RCT) wurde Dapagliflozin bei Personen mit chronischer Niereninsuffizienz (geschätzte glomeruläre Filtrationsrate [eGFR] 25–75 ml/min/1,73 m²) untersucht. Der primäre Endpunkt (eGFR-Abfall >50%, terminale Niereninsuffizienz und renaler/kardiovaskulärer Tod) trat signifikant seltener unter Dapagliflozin auf, weshalb die Studie auch frühzeitig gestoppt wurde. Die Ergebnisse der EMPULSE-Studie [19] deuten darauf hin, dass die Gabe von Empagliflozin noch während des stationären Aufenthalts bei Patientinnen und Patienten mit akuter HI sicher und effektiv ist.
Die überzeugenden Daten aus grossen randomisierten, klinischen Studien führten prompt zu einer Klasse-I/A-Empfehlung für Dapagliflozin und Empagliflozin. Generell werden SGLT-2i als sicher eingestuft. Die einzigen unerwünschten Wirkungen, die häufiger in verschiedenen Studien aufgetreten waren, sind genitale Pilzinfektionen (v.a. bei Frauen) und Harnwegsinfekte. Schwere Nebenwirkungen wie Ketoazidose, Amputationen (nur unter Canagliflozin) und Fournier-Gangrän wurden nur vereinzelt beschrieben.
Nach vielen neutralen oder negativen Ergebnissen aus klinischen Studien bei HFpEF und schwacher Evidenzlage bei der Behandlung der HFmrEF gibt es nun mit EMPEROR-PRESERVED (Empagliflozin) und DELIVER (Dapagliflozin) erstmals zwei Studien für HI-Betroffene mit einer EF >40%, die eine statistisch signifikante Verbesserung des kombinierten Endpunkts, bestehend aus kardiovaskulärer Mortalität und HI-Hospitalisationsrate, (unabhängig von T2DM) zeigen konnten [20, 21].
Sacubitril/Valsartan
Die Vorstellung der PARADIGM-Studie auf dem ESC-Kongress in Barcelona 2014 führte bei den HI-Kardiologinnen und -Kardiologen zu einem regelrechten Erdbeben [22]. Dass durch den Ersatz des ACEi durch ARNI bei bereits voll ausgeschöpfter konventioneller HI-Therapie eine weitere Mortalitäts- und Hospitalisationsreduktion von 20% erreichbar sein sollte, wurde schlichtweg nicht für möglich gehalten. Erstmals seit der im Jahr 2001 publizierten COPERNICUS-Studie [23] wurde eine HI-Studie frühzeitig durch das «Data Safety Monitoring Board» (DSMB) abgebrochen, da Anfang 2014 die Datenlage so eindeutig war. Als einzige relevante Nebenwirkung von Sacubitril/Valsartan zeigte sich eine zusätzliche Hypotonieneigung. Wie zwischenzeitlich recht gut bekannt ist, muss bei einer vorausgegangenen ACEi-Therapie vor dem Beginn von Sacubitril/Valsartan eine 36-stündige Pause eingehalten werden (Gefahr eines Angioödems), was für eine vorausgegangene ARB-Therapie nicht nötig ist.
Ivabradin
In der SHIFT-Studie [24] zeigte sich bezüglich der primären kombinierten Endpunkte «kardiovaskulärer Tod» oder «Hospitalisation wegen Herzinsuffizienz» eine relative Risikoreduktion von 18% (p <0,0001), jedoch hatten nur 26% der 6588 Teilnehmenden eine Volldosis-Betablockade. In der BEAUTIFUL-Studie [32] wurde die Inzidenz des primären Endpunkts (kardiovaskulärer Tod, Myokardinfarkt oder Hospitalisation wegen HI) bei 10 917 Patientinnen und Patienten mit koronarer Herzkrankheit sowie einer linksventrikulären EF von <40% nicht reduziert, die Therapie jedoch gut toleriert. Ivabradin wurde bereits 2012 in den ESC-Guidelines empfohlen (Klasse-IIa-Empfehlung, Evidenzgrad B) und ist weiterhin bei Patientinnen und Patienten mit Sinusrhythmus und einer Ruheherzfrequenz >70/min trotz maximal tolerierbarer BB-Dosis oder bei Intoleranz/Kontraindikationen für BB indiziert.
Vericiguat
Vericiguat ist ein oral löslicher Guanylatcyclase-Stimulator. Die Stimulation des cyclischen Guanosinmonophosphats (cGMP) erfolgt hierbei direkt durch eine Stickstoffmonoxid-(NO-)unabhängige Bindung. Weiters sensibilisiert Vericiguat die lösliche Guanylatcyclase gegenüber dem endogenen NO. In der VICTORIA-Studie [25] konnte gezeigt werden, dass mit Vericiguat die Inzidenz des kombinierten primären Endpunkts (HI-Hospitalisation und kardiovaskulärer Tod) bei Hochrisiko-Patientinnen und -Patienten mit HFrEF (EF <45%) und vorangegangener kardialer Dekompensation signifikant gesenkt werden konnte. Die Gesamtmortalität wie auch die kardiovaskuläre Mortalität konnten mit Vericiguat nicht gesenkt werden. Bei ausgewählten Personen mit optimaler medikamentöser Therapie kann Vericiguat als Add-on zur Anwendung kommen.
Device-Therapie
Die Implantation eines kardialen Resynchronisationstherapie-Systems (CRT) ist bei Menschen mit eingeschränkter LV-Pumpfunktion und verbreitertem QRS-Komplex eine der effektivsten Therapieoptionen und führt nicht nur zu einer Reduktion der Mortalität, sondern senkt auch die HI-Hospitalisationsrate und verbessert die Lebensqualität. Trotz der guten Datenlage und der klaren Empfehlungen wird zwei Dritteln der Patientinnen und Patienten, die die Kriterien erfüllen, eine CRT-Implantation vorenthalten [26]. Häufige Gründe dafür sind ein Mangel an CRT-Implantations-Zentren, das fortgeschrittene Alter der Erkrankten (>75 Jahre) und vor allem fehlende Kenntnis der behandelnden Ärztinnen und Ärzte.
Das Einsetzen eines implantierbaren Kardioverter-Defibrillators (ICD) führte in der MADIT-Studie [33] bei an HI Erkrankten mit einer ischämischen Kardiomyopathie und einer EF ≤35% zu einer 31%igen Mortalitätsreduktion. Die Daten der SCD-HeFT-Studie [34] zeigten auch für die nicht ischämischen Kardiomyopathien mit einer EF ≤35% eine Mortalitätsreduktion von 23%. Interessanterweise konnte in der randomisierten, kontrollierten DANISH-Studie [27] (HFrEF; EF ≤35%; keine koronare Herzkrankheit; Endpunkt Gesamtmortalität) das positive Ergebnis der SCD-HeFT-Studie nicht bestätigt werden. Nach einer Beobachtungsdauer von 67,6 Monaten liess sich kein signifikanter Unterschied bezüglich der Gesamtmortalität zwischen der ICD- und der Nicht-ICD-Gruppe feststellen. Demgegenüber stehen die Daten des «Swedish Heart Failure Registry» und EU-CERT-ICD (Multizenter-Kohortenstudie), die auch bei Patientinnen und Patienten mit nicht ischämischer Kardiomyopathie eine niedrigere Mortalität nach ICD-Implantation zeigen konnten. Eine Rolle spielt hier sicher die Verbesserung der medikamentösen Therapie in den letzten Jahren, die zu einer insgesamt geringeren Mortalität führte (SCD-HeFT-Studie: BB 69%, MRA 20%; DANISH-Studie: BB 92%, MRA 57–59%). Es zeigte sich jedoch ein altersabhängiger Vorteil für die ICD-Implantation, demzufolge jüngere Personen von einer ICD-Implantation zu profitieren scheinen [27, 28].
Die Entscheidung für oder gegen einen ICD sollte somit individuell in Abwägung des Risikos für einen plötzlichen Herztod (SCD) versus dem eines nicht arrhythmiebedingten Todes getroffen werden. Die teilweise kontroversen Ergebnisse bezüglich eines ICD bei Personen ohne ischämische Genese spiegeln sich auch in den Leitlinien der ESC wider. Hier besteht eine Klasse-I/A-Empfehlung für die primärprophylaktische ICD-Implantation bei Patientinnen und Patienten mit HFrEF («New York Heart Association» [NYHA] II–III), LVEF ≤35% und ischämischer Genese beziehungsweise eine IIa/A-Empfehlung bei solchen mit nicht ischämischer Kardiomyopathie.
Auch die Wahl zwischen konventionellen «CRT Devices» (CRT-P) und CRT mit anti-tachykarder Therapiemöglichkeit (CRT-D) soll individualisiert für die einzelnen Patientinnen und Patienten getroffen werden. Abbildung 4 zeigt Faktoren, die zur Entscheidungsfindung nützlich sein können. Die neuesten HI-Guidelines raten ab, eine Resynchronisationstherapie bei einer QRS-Weite von <130 ms zu erwägen.
Eisensubsitution
Bei symptomatischer HI empfiehlt sich ein regelmässiges Screening auf Eisenmangel und Anämie, da beide unabhängig voneinander mit reduzierter Belastbarkeit, rezidivierenden HI-Hospitalisationen und hoher Mortalität assoziiert sind. Ein Eisenmangel kann unabhängig von einer Anämie auftreten und ist bei etwa 55% der chronischen HI-Patientinnen und -Patienten vorhanden. Zur Bestimmung eines Eisenmangels werden die Transferrinsättigung (TSAT in %) und das Ferritin gemessen. Ein absoluter Eisenmangel liegt bei einem Serum-Ferritin <100 ng/ml vor, ein relativer Eisenmangel bei einem Ferritin von 100–299 ng/ml und einer TSAT <20% (CAVE: Ferritin ist ein Akute-Phase-Protein und kann bei Inflammation/Infektion erhöht sein). Die zugrunde liegenden Studien zeigten eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit sowie eine Reduktion der Rehospitalisationen nach intravenöser Eisensubstitution, jedoch keinen Überlebensvorteil. Die Wirksamkeit einer oralen Eisensubstitution wurde in der IRONOUT-HF-Studie [29] überprüft. Sie zeigte keinen Benefit bei oraler Substitution. Das negative Outcome unterstreicht die Wichtigkeit der intravenösen Gabe. In der Studie AFFIRM-AHF [30], deren Ergebnisse kürzlich publiziert wurden, wurde die intravenöse Eisensubstitution mit Fe-Carboxymaltose bei hospitalisierten, akut dekompensierten HI-Patientinnen und Patienten mit einer EF <50% untersucht. Auch wenn der kombinierte primäre Endpunkt (Gesamt-HI-Hospitalisation und kardiovaskulärer Tod) nicht erreicht wurde, konnte dennoch eine signifikante Reduktion der Gesamt-HI-Hospitalisationsrate erzielt werden. Deshalb sollte eine intravenöse Eisensubstitution mit Fe-Carboxymaltose in diesem Kollektiv durchgeführt werden (1000 mg bei Hämoglobin [Hb] 8–14 g/dl; 500 mg bei Hb ≥14 bis ≤15 g/dl). Des Weiteren sollte eine intravenöse Substitution bei symptomatischen HI-Betroffenen mit einer EF <45% und Eisenmangel durchgeführt werden, um Lebensqualität, Symptome und kardiopulmonale Belastbarkeit zu verbessern.
Multidisziplinäres Management und Prävention
Durch die Heterogenität und Komplexität der HI kann eine optimale Betreuung nur durch ein multidisziplinäres Team gewährleistet werden. Neben speziell ausgebildeten HI-Spezialistinnen und -Spezialisten («HF doctors» und «HF nurses») sind standardisierte HI-Management-Programme von grosser Bedeutung, um Mortalität und Hospitalisationsraten zu reduzieren (I/A-Empfehlung der «ESC Heart Failure Guideline 2021»). In diesem Zusammenhang spielen vor allem auch Schulungen und Selbstmanagement der Patientinnen und Patienten eine zentrale Rolle, da ein besseres Verständnis der Erkrankung, der Medikamente und der Lebensstilmodifikationen zu einer besseren Lebensqualität führt und die Mortalität senkt. Standardisierte Trainingsprogramme (ambulante und stationäre Rehabilitation) und Nachsorge sind weitere wichtige Eckpfeiler für ein optimales HI-Management [31].
Das Wichtigste für die Praxis
Herzinsuffizienzt ist ein heterogenes klinisches Syndrom, das mit einer schlechten Prognose und Lebensqualität assoziiert ist.
Der NTproBNP-Wert und die Echokardiographie liefern wertvolle diagnostische und prognostische Informationen.
Die Basistherapie der «heart failure with reduced ejection fraction» (HFrEF) besteht aus Valsartan/Sacubitril oder Angiotensin-Converting-Enzyme-Inhibitor (bei Angiotensin-Rezeptor-Blocker-Unverträglichkeit), einem Betablocker, einem Mineralkortikoid-Rezeptor-Antagonisten und einem Sodium-Glukose-Co-Transporter-2-(SGLT-2-)Inhibitor.
Eine kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) verbessert Morbidität und Mortalität.
Ein optimales Risikofaktorenmanagement ist dringend empfohlen.
Klinische Abteilung für Kardiologie, LKH-Universitätsklinikum Graz, Medizinische Universität, Graz
Markus Wallner hat angegeben, für das vorliegende Manuskript Unterstützung durch die Katharina Huber-Steiner Stiftung erhalten zu haben; weiter hat er angegeben, Beratungshonorare von Novartis, Radcliff Cardiology sowie Honorare für Vorträge von CSL Vifor, Böhringer Ingelheim, Novartis und Bayer erhalten zu haben. Qian Zhou hat angegeben, Forschungszuschüsse von Roche und Boehringer Ingelheim sowie Honorare von Abbott, Novartis und Vifor erhalten zu haben sowie das Patent «Auf Sprachanalyse basierende automatisierte physiologische und pathologische Beurteilung (P36578-EP)» zusammen mit Martin Christian Strahm und Yan-Ping Zhang zu halten. Andreas Zirlik hat angegeben, Beratungshonorare von Boehringer Ingelheim, Astra Zeneca, Bayer, Novartis, Daichi Sankyo und Amgen erhalten zu haben sowie Honorare für Vorträge/Manuskripte von Boehringer Ingelheim, Astra Zeneca, Bayer, Novartis und Daichi Sankyo; des Weiteren erhielt er Unterstützung für die Teilnahme an Sitzungen und/oder Reisen von Bayer und Astra Zeneca und ist Teilnehmer von Gremien zur Überwachung der Datensicherheit oder Beratung für Novartis, Astra Zeneca und Daichi Sankyo. Paul Mohacsi hat angegeben, für das vorliegende Manuskript Unterstützung durch die Katharina Huber-Steiner Stiftung erhalten zu haben, ausserdem Beratungshonorare von Abbott und Unterstützung für die Teilnahme an Sitzungen und/oder Reisen von Bayer und Abbott; zudem ist er Teilnehmer des Gremiums zur Überwachung der Datensicherheit der DIGIT-HF-Studie. Monika Wieser hat deklariert, keine potentiellen Interessenskonflikte zu haben.
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Prof. Dr. med. Paul Mohacsi
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