Risikostratifizierung und Real-World-Daten: Management des Plötzlichen Herztods mit der LifeVest®

Risikostratifizierung und Real-World-Daten: Management des Plötzlichen Herztods mit der LifeVest®

PR Artikel Öffentlich
Ausgabe
2023/04
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2022.09335
Swiss Med Forum. 2023;23(04):

Publiziert am 25.01.2023

Herztod Der Plötzliche Herztod (Sudden Cardic Death, SCD) gehört zu den häufigsten Todesursachen in der westlichen Welt.1 Allein in der Schweiz versterben pro Jahr etwa 8.000 Menschen daran.2
Auf dem diesjährigen Herbsttreffen der Arbeitsgruppe Herzschrittmacher und Elektrophysiologie der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie (SGK) ging es in einem wissenschaftlichen Vortrag der ZOLL CMS GmbH daher um ein zeitgemäßes SCD-Management mit dem Wearable Cardioverter Defibrillator (WCD). Sowohl nach ST-Hebungsinfarkt (STEMI) als auch nach Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) haben Patienten mit reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (LVEF) während der ersten 100 Tage nach perkutaner Koronarintervention (PCI) ein größeres Mortalitäsrisiko.3 Bereits die VALIANT-Studie hatte ergeben, dass das SCD-Risiko in den ersten 30 Tagen nach einem Myokardinfarkt bei Patienten mit linksventrikulärer Dysfunktion, Herzinsuffizienz oder beidem um das Vier- bis Sechsfache erhöht ist.4 Gerade bei Patienten mit einer LVEF ≤ 35 % blieb es noch für mehrere Monate auf hohem Niveau. Laut Dr. med. Christian Grebmer, Oberarzt auf der Kardiologie am Luzerner Kantonsspital, ist eine der wichtigsten Erkenntnisse der Studie, dass 83 % der SCDs nach der Krankenhausentlassung auftraten. Während dieser vulnerablen Phase – also mindestens drei Monate nach einem kardialen Ereignis – seien die Patienten besonders schutzbedürftig. „Das ist die Zeit, die wir mit der LifeVest® überbrücken müssen“, so der Experte.
Wichtig ist daher eine aktuelle und evidenzbasierte Entscheidungsgrundlage, anhand derer eine individuelle, möglichst optimale Therapiestrategie für Risiko-Patienten abgeleitet werden kann. In den DINAMIT- und IRIS-Studien, die den Nutzen eines implantierbaren Cardioverter-Defibrillators (ICD) in der frühen Phase nach einem MI überprüft hatten, zeigte sich kein Unterschied in der Gesamtmortalität. Allerdings war das SCD-Risiko aufgrund maligner Arrhythmien in der ICD-Gruppe im Vergleich zur Kontrolle signifikant reduziert (Hazard Ratio (HR) 0,42; 95 % Konfidenzintervall (KI) 0,22–0,83; P = 0,009 und HR 0,55; 95 % KI 0,31–1,00; P = 0,04).5,6 Auch bei Patienten mit nicht ischämischer Kardiomyopathie (NICM), die eine ICD-Therapie erhalten hatten, war in der DEFINITE-Studie eine signifikante Reduktion des Sterberisikos festgestellt worden, wenn sie die Diagnose innerhalb von drei Monaten vor Studienbeginn erhalten hatten, nicht jedoch bei Patienten mit einer Kardiomyopathie von längerer Dauer (Diagnose < 3 Monate: HR 0,37; 95 % KI 0,14–0,998, P = 0,049).7
Die European Society of Cardiology (ESC) veröffentlichte vor Kurzem ein Update ihrer Leitlinie für Kammertachykardien (VT) und Kammerflimmern (VF) – hier wird nach wie vor eine Wartezeit von mindestens drei Monaten empfohlen, bevor eine ICD-Therapie in Erwägung gezogen wird.8 Hintergrund ist, dass sich die Pumpleistung des Herzens unter optimaler medikamentöser Therapie (OMT) verbessern und eine Deviceimplantation obsolet werden kann. Um die vulnerable Phase der Wartezeit zu überbrücken und medikamentösen Therapien Zeit zu geben, ihre Wirkung zu entfalten, kann ein tragbarer Cardioverter Defibrillator (WCD, LifeVest® Defibrillatorweste) eingesetzt werden, um Patienten bestmöglich vor dem SCD zu schützen. In diesem Setting hat der WCD in den aktuellen VT/VF Leitlinien eine IIb Empfehlung mit Evidenzgrad B. In den ESC Heartfailure (HF) Guidelines, die bereits im vergangenen Jahr aktualisiert worden waren, besteht für ischämische (ICM) und nicht ischämische Patienten (NICM) mit Herzinsuffizienz ebenfalls eine IIb Empfehlung mit Evidenzgrad B.9 Grebmer bekräftigte: „Wir haben zwar sehr gute medikamentöse Therapien, wie die Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin(ARNI)- und Sodium-dependent-Glucose-Co-Transporter-2(SGLT-2) Inhibitoren, die äußerst wirksam bei Herzinsuffizienzpatienten sind. Doch auch diese benötigen Zeit, um ihr volles therapeutisches Potenzial entfalten zu können.“ Daher sei der WCD eine optimale Therapieergänzung, um die vulnerable Phase zu überbrücken und eine individuelle Risikostratifizierung vorzunehmen: „Unser Ziel muss sein, die Behandlung dauerhaft zu optimieren und zu entscheiden, ob ein langfristiger Schutz mittels eines ICD nötig ist.“

Registerdaten und PROLONG-II

Aufgrund mehrerer nationaler Registerdaten-Studien gibt es eine umfassende Datengrundlage, die unter anderem eine hohe Trage-Compliance belegen.10–13 So verbesserte sich die LVEF etwa in einer Auswertung des Schweizer WCD-Registers bei 40 % der Patienten nach drei Monaten auf > 35 % unter WCD-Therapie und OMT. Bei ihnen bestand folglich keine ICD-Indikation mehr. Die Weste wurde im Mittel 58 Tage lang getragen, bei einer durchschnittlichen täglichen Tragedauer von 22,6 Stunden (Interquartilabstand 20–23,2).14 Kürzlich veröffentlichte Daten belegen, dass es sogar über die drei Monate hinaus Gründe für eine fortgesetzte WCD-Therapie gebe, betonte der Kardiologe. So wurde in der PROLONG-II-Studie die Prognose von Patienten mit neu diagnostizierter Herzinsuffizienz mit reduzierter LVEF (LVEF 25 ± 8, 64 % NICM, 36 % ICM) bewertet, welche lebensrettende WCD-Schocks erhalten hatten. Sowohl 4 % der nicht ischämischen dilatativen Kardiomyopathie- als auch 4 % der Patienten mit ischämischer Kardiomyopathie erhielten adäquate Schocks bei hämodynamisch relevanten VTs oder VFs. Bei 53 % der LifeVest®-Patienten verbesserte sich nach einer verlängerten Tragezeit von bis zu 6 Monaten die LVEF auf > 35 % (tägliche Tragedauer 22 ± 4 Stunden), wodurch bei ihnen keine ICD-Indikation mehr gegeben war. Von diesen Patienten hatte während des gesamten Follow-ups (2,8 ±1,5 Jahre) keiner lebensbedrohliche Arrhythmien oder erlitt einen SCD.15
ZOLL CMS GmbH, https://lifevest.zoll.com/de
1 Kauferstein, S., Kiehne, N., Neumann, T., Pitschner, H. F. & Bratzke, H. Plötzlicher Herztod bei jungen Menschen durch kardiale Gendefekte. Dtsch Arztebl 106, 41–47 (2009).
2 Universitätsspital Zürich. Online verfügbar unter https://www.usz.ch/krankheit/ploetzlicher-herztod/; letzter Zugriff: 24.11.2022.
3 Weintraub, W. S. et al. Prediction of Long-Term Mortality After Percutaneous Coronary Intervention in Older Adults Results From the National Cardiovascular Data Registry. Circulation 125, 1501–1510 (2012).
4 Solomon, S. D. et al. Sudden Death in Patients with Myocardial Infarction and Left Ventricular Dysfunction, Heart Failure, or Both. N Engl J Med 352, 2581–2588 (2005).
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6 Steinbeck, G. et al. Defibrillator Implantation Early after Myocardial Infarction. NEJM 15, 1427–1436 (2009).
7 Kadish, A. et al. Patients With Recently Diagnosed Nonischemic Cardiomyopathy Benefit From Implantable Cardioverter-Defibrillators. J Am Coll Cardiol 47, 2477–2482 (2006).
8 Zeppenfeld, K. et al. 2022 ESC Guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death. Eur Heart J 1–130 (2022) doi.10.1093/eurheartj/ehac262.
9 McDonagh, T. A. et al. 2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. European Heart Journal vol. 42 3599–3726 Preprint at https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab368 (2021).
10 Garcia, R. et al. Wearable cardioverter-defibrillator in patients with a transient risk of sudden cardiac death: The WEARIT-France cohort study. Europace 23, 73–81 (2021).
11 Odeneg, T. et al. Indications for and outcome in patients with the wearable cardioverter-defibrillator in a nurse-based training programme: results of the Austrian WCD Registry. European Journal of Cardiovascular Nursing 18, 75–83 (2019).
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14 Kovacs, B. et al. Use of the wearable cardioverter-defibrillator – the Swiss experience. Swiss Med Wkly 150, w20343 (2020).
15 Mueller-Leisse, J. et al. Extended follow-up after wearable cardioverter-defibrillator period: the PROLONG-II study. ESC Heart Fail 8, 5142–5148 (2021).
16 Halkin, A. et al. Prediction of mortality after primary percutaneous coronary intervention for acute myocardial infarction: The CADILLAC risk score. J Am Coll Cardiol 45, 1397–1405 (2005).
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18 Adabag, A. S., Therneau, T. M., Gersh, B. J., Weston, S. A. & Roger, V. L. Sudden Death After Myocardial Infarction. JAMA vol. 300, www.jama.com (2008).
19 Packer, M. et al. The Effect of Carvedilol on Morbidity and Mortality in Patients with Chronic Heart Failure. N Engl J Med 334, 1349–1355 (1996).
20 Deneke, T. et al. Kommentar zu den ESC-Leitlinien 2015 „Ventrikuläre Arrhythmien und Prävention des plötzlichen Herztodes“. Kardiologe 11, 27–43 (2017).
21 Priori, S. G. et al. 2015 ESC Guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death the Task Force for the Management of Patients with Ventricular Arrhythmias and the Prevention of Sudden Cardiac Death of the European Society of Cardiology (ESC) Endorsed by: Association for European Paediatric and Congenital Cardiology (AEPC). European Heart Journal vol. 36 2793–2867 Preprint at https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehv316 (2015).
22 Al-Khatib, S. M. et al. 2017 AHA/ACC/HRS Guideline for Management of Patients With Ventricular Arrhythmias and the Prevention of Sudden Cardiac Death: Executive Summary. Circulation 138, e210–e271 (2018).