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Publiziert am 15.03.2023
Dieser Artikel beleuchtet kognitive Diagnoseprozesse, diagnostische Fehlerquellen und zeigt auf, wie jeder und jede, hier und jetzt, zur diagnostischen Exzellenz gelangen kann.
Tabelle 1: Definition und klinische Beispiele häufiger kognitiver Biases [9] | ||
Kognitiver Bias | Definition | Klinisches Beispiel |
Verfügbarkeitsbias | Man stellt eher eine Diagnose, die man (frisch) im Gedächtnis hat. | Nach verpasster Subarachnoidalblutung meldet der Kliniker bei jeglicher Art von Kopfschmerzen eine zerebrale Bildgebung an. |
Ankereffekt | Man verlässt sich auf erste Eindrücke, spätere Informationen werden nicht mehr berücksichtigt. | Der Patient wird mit Diagnose Pneumonie auf die Bettenstation verlegt. Der Stationsarzt schenkt neuen Befunden, die gegen eine Pneumonie sprechen, keine Beachtung. |
Verfrühter Fallabschluss | Akzeptanz der erstbesten Diagnose («When the diagnosis is made, the thinking stops»). | Kliniker führt akute Lumbalgien auf degenerative Wirbelsäulenveränderungen zurück, ohne Erwägung anderer Diagnosen. |
Framing Effekt | Diagnose beeinflusst durch das Wording der Fallbeschreibung. | Beim selben Patienten deutet das Narrativ Raucheranamnese, Husten und Dyspnoe auf Lungenkarzinom oder chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) hin; das Narrativ HIV (CD4 <200), Husten und Dyspnoe hingegen auf Pneumonie mit opportunistischen Erregern. |
Blinder Gehorsam | Gegenüber Resultaten von Zusatzuntersuchungen oder Expertenmeinungen. | «Ausschluss» einer Lungenembolie bei negativem Angio-CT trotz hoher klinischer Vortestwahrscheinlichkeit. |
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