Ein langwirksames Reserveantibiotikum
Oritavancin

Ein langwirksames Reserveantibiotikum

Innovationen
Ausgabe
2023/08
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2023.09334
Swiss Med Forum. 2023;23(08):920-923

Affiliations
a Institut für Infektionskrankheiten, Universität Bern, Bern; b Klinik für Infektiologie und Spitalhygiene, Universitätsspital Basel, Basel

Publiziert am 22.02.2023

Oritavancin wurde im April 2022 von Swissmedic für die Indikation «akute Haut- und Weichteilinfektionen» zugelassen und ist seit Ende September 2022 in der Schweiz erhältlich.

Wirkmechanismus

Oritavancin ist strukturell mit Vancomycin verwandt und besitzt eine hydrophobe N-Alkyl-p-Chlorophenylbenzyl-Gruppe and zwei 4-Epi-Vancosamin-Residuen [1, 2]. Es greift die bakterielle Zellwand an drei Stellen an (Abb. 1):
Abbildung 1: Bindungsorte von Oritavancin an der bakteriellen Zellmembran und -wand. A) Peptidoglykan-Bestandteile werden im Transglykosylierungsprozess inhibiert, wodurch die Polymerisation der Zwellwandbiosynthese verhindert wird. B) Der hydrophobe Anteil der Substanz fügt sich in die bakterielle Zellmembran ein und führt so zur Disruption der Membranintegrität. C) Oritavancin bindet an D-Alanyl-D-Alanin-Peptidoglycan-Enden und verhindert das «Crosslinking» der Zellwandbiosynthese. (Abbildung und Legende [übersetzt] aus Figure 2 und 3 aus [2]: Brade KD, Rybak JM, Rybak MJ. Oritavancin: A new lipoglycopeptide antibiotic in the treatment of gram-positive infections. Infect Dis Ther. 2016;5(1):1–15. doi: 10.1007/s40121-016-0103-4, this article is distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 4.0 International License http://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/.)
© The Author(s) 2016. CC BY-NC 4.0.
Aufgrund dieser multiplen Wirkmechanismen wirkt das Antibiotikum auch gegen Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE).

Studienresultate – Präklinik

Oritavancin ist wirksam gegen Staphylokokken, Enterokokken und Streptokokken, sprich gegen grampositive Kokken [4–10]. Da antimikrobielle Empfindlichkeitstestungen tiefe minimale Hemmkonzentrationen (MHK) für Methicillin-resistente Staphylococcus (S.) aureus (MRSA) und VRE zeigen [5–9], wird von einer guten Wirksamkeit gegen diese resistenten Erreger ausgegangen. Eine Kreuzresistenz mit anderen Reserveantibiotika (wie Linezolid) wurde nicht beobachtet [11].
Oritavancin wirkt konzentrationsabhängig (Berechnung nach «Area under the curve» [AUC]: AUC0-72 h/MHK) [12, 13], und zeigt in sogenannten «Time-kill kinetics assays» eine rasche Elimination des Anfangsinokulums von sowohl Methicillin-sensiblen S. aureus (MSSA) und MRSA [5] als auch VRE [8]. Es akkumuliert intrazellulär und fördert das Abtöten phagozytierter S. aureus in Makrophagen [14, 15]. Im Tiermodell wies Oritavancin eine gute Knochenpenetration auf [16]. In-vitro-Studien führten zum Nachweis der Wirksamkeit von Oritavancin gegen MRSA in der stationären Phase [17], und gegen VRE im Biofilm [18]. Bisher liegen noch keine Daten zu experimentellen Fremdkörperinfektionen vor.

Studienresultate – Klinik

Im SIMPLIFI Trial (multizentrische, randomisierte Phase-II-Dosisfindungsstudie) erzielte eine einmalige Gabe von 1200 mg Oritavancin bei Personen mit einer MRSA-Weichteilinfektion eine Heilungsrate von 73% (27/37) [19]. Zwei darauffolgende Phase-III-Studien (SOLO I und SOLO II) führten zur Zulassung von Oritavancin in den USA [20, 21]. In der SOLO-I-Studie wurden 475 Personen mit Weichteilinfektionen im Oritavancin-Arm (Einmalgabe) und 479 Personen im Vancomycin-Arm (Therapiedauer: 7–10 Tage) eingeschlossen. Der Nachweis eines Erregers gelang bei etwa 60% der Teilnehmenden, bei 204 Personen wurde MRSA isoliert. Die Resultate in beiden Studienarmen waren bezüglich der Infektheilung nach Beendigung der Therapie vergleichbar (79,6% versus 80,0%), ebenso bezüglich aller anderen Endpunkte [21]. Die SOLO-II-Studie mit sehr ähnlichem Studiendesign schloss 503 Personen im Oritavancin-Arm und 502 im Vancomycin-Arm ein [21]. Der Nachweis eines Erregers gelang bei etwa 70% der Teilnehmenden, bei 201 Personen wurde MRSA isoliert. Auch in dieser Studie fielen die Resultate für alle Endpunkte ähnlich aus (klinische Infektheilung nach Therapieende bei 82,7% in der Oritavancin-Gruppe versus 80,5% unter Vancomycin) [21]. Seit der Zulassung von Oritavancin durch die amerikanische Ge-sundheitsbehörde «U. S. Food and Drug Administration» (FDA) im August 2014 wurden zahlreiche (retrospektive) Observationsstudien [22–29], Fallserien [30–32] und Fallberichte [33–37] veröffentlicht. In diesen Publikationen wurde – neben der Anwendung im zugelassenen Indikationsgebiet «Weichteilinfektionen» – auch über den Off-Label-Gebrauch von Oritavancin zur Behandlung von Prothesenendokarditis [33], Osteomyelitis [28, 32, 35], Fremdkörper-assoziierter vertebraler Osteomyelitis [36] und Gelenkprotheseninfektionen [34, 37] berichtet. In der Datenbank «Clinical and Historic Registry and Orbactiv Medical Evaluation» (CHROME) sind 440 Fälle registriert [26]. Die Resultate aus den Observationsstudien bei Weichteilinfektionen sind konsistent mit jenen der SOLO-I- und -II-Studien [22, 23, 25–27, 31]. Die Ergebnisse beim Off-Label-Gebrauch, insbesondere bei der Behandlung der Osteomyelitis [28, 32, 35], sind vielversprechend, erlauben aber aufgrund der Heterogenität der Fälle, des Studiendesigns und somit der Datenlage und -qualität keine unkritische Extrapolation auf Routinefälle im klinischen Alltag (siehe unten, «Stellenwert im Vergleich mit anderen Medikamenten»).

Dosierung

Die Dosierung von Oritavancin beträgt 1200 mg. Die durchschnittliche Eliminationshalbwertszeit liegt bei etwa 245 Stunden [19–21]. Gemäss Informationen des Herstellers sind keine Dosisanpassungen bei leichter oder mittelschwerer Nierenfunktionsstörung oder bei leichter bis mittelschwerer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Klasse B) erforderlich [38]. Es liegen sehr wenige bis keine Daten zur Dosierung bei schwerer Organfunktionsstörung vor, sodass für diese Konstellationen keine Empfehlung abgegeben werden kann. Oritavancin wird durch Hämodialyse nicht aus dem Blut entfernt [38].
Für die zugelassene Indikation «akute Weichteilinfektionen» wird Oritavancin als Einmaldosis appliziert. Die wichtigsten pharmakokinetischen Parameter sind in Tabelle 1 wiedergegeben. In der Literatur werden unterschiedliche Dosierungsschemata für wiederholte Gaben bei Off-Label-Gebrauch berichtet [26, 28, 32–37]:
Tabelle 1: Pharmakokinetische Parameter für die Einmalgabe von 1200 mg Oritavancin (Daten aus [38, 53])
ParameterWert
Cmax138 mg/l
AUC0–∞2800 mg/l × h
Verteilungsvolumen 87,6 l
Verteilungsvolumen1 l/kg
Proteinbindung85%
Eliminationshalbwertszeit245 h
Cmax: maximale Konzentration; AUC: Area under the curve.
1. Dosis beibehalten, Intervall beibehalten oder verlängern. In der CHROME-Datenbank sind 33 Fälle mit wiederholten Applikationen aufgelistet. Die Dosis von 1200 mg wurde in allen Fällen beibehalten. Das Dosierungsintervall lag zwischen 6 und 14 Tagen, in 16 von 33 Fällen betrug es 14 Tage [26]. Wöchentliche Gaben von 1200 mg wurden in Fällen von Gelenkprotheseninfektionen und Osteomyelitiden berichtet [35, 37]. In der Fallserie von Chastain und Davis wurde in 9 Fällen mit chronischer Osteomyelitis die Dosierung von 1200 mg bei den Wiederholungsgaben beibehalten, das Dosierungsintervall (mindestens 13 Tage) jedoch für jede weitere Gabe gestreckt. Zwischen der 2. und 3. Dosis lag es im Median bei 33,5 Tagen (Interquartilsabstand [IQR] 29–37), zwischen 3. und 4. Dosis bei 74 Tagen (IQR 58–89) [32].
2. Intervall beibehalten (1× pro Woche), Dosis nach erster Gabe reduzieren. Van Hise et al. [28] analysierten retrospektiv 134 Fälle mit akuter Osteomyelitis. Nach initialer Gabe von 1200 mg wurde Oritavancin wöchentlich wiederholt in einer Dosierung von 800 mg über 4 Wochen (n = 118) oder 5 Wochen (n = 16) appliziert. Ein Therapieversagen wurde in 9,7% der Fälle berichtet.
Die veranschaulichte Heterogenität der Therapieschemata unterstreicht die noch ungenügende Datenlage bei wiederholter Gabe im Off-Label-Gebrauch. Aus pharmakokinetischer Sicht ist zu bemerken, dass die Streuung der interindividuellen Oritavancin-Plasmapiegel zunimmt, je länger die Gabe zurückliegt [13]. Basierend auf einem Simulationsmodell mit zwei Dosen in einen Abstand von 7 Tagen (1200 mg und 800 mg) bleiben Oritavancin-Plasmakonzentrationen im Zeitraum von 8 Wochen über der MHK-Schwelle von 0,12 mg/l («European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing [EUCAST] Breakpoint» für Staphylokokken) und führen in dieser Zeit zu einer wirksamen AUC/MHK-Ratio [13].

Unerwünschte Wirkungen

In den prospektiven SOLO-Studien wurden bei 217 (22,2%) von 976 mit Oritavancin Behandelten therapieassoziierte unerwünschte Wirkungen («treatment related adverse events») berichtet. Der Anteil war vergleichbar mit dem der Kontrollgruppen, die Vancomycin erhalten hatten [20, 21]. Auch die Rate an beobachtetem Nierenversagen war vergleichbar (Oritavancin: n = 7 [0,7%]; Vancomycin: n = 9 [0,9%]) [39]. In den später veröffentlichten retrospektiven Analysen klinischer Observationsstudien fielen die Nebenwirkungsraten mit 4,5% (5/112) [25] und 3,7% (5/134) deutlich tiefer aus [28]. Hypersensitivitätsreaktionen (ca. 2%), Durchfall (ca. 2%) und Erbrechen (ca. 1%) sind mit Oritavancin assoziierte Nebenwirkungen [25]. Auch hypoglykämische Reaktionen wurden während der intravenösen Gabe beschrieben [28].
Da Oritavancin nur für eine Einmalgabe bei Weichteilinfektionen zugelassen ist, liegen eher wenige Daten zu unerwünschten Wirkungen bei Mehrfachdosierungen in den Off-Label-Indikationsgebieten vor [26, 28, 32–37]. Entsprechend kann zurzeit das Risiko einer etwaigen Langzeittoxizität noch nicht genügend abgeschätzt werden.

Labortests

In den Studien SOLO I und SOLO II wurde eine Erhöhung der Alanin-Aminotransferase (ALAT), nicht aber der Aspartat-Aminotransferase (ASAT), häufiger im Oritavancin-Arm als im Vancomycin-Arm beobachtet (Differenz 1,2% und 1,3%) [20, 21].
Oritavancin interagiert als Lipoglykopeptid mit Phospholipid-Reagenzien und kann so zu Verfälschungen der Ergebnisse von Gerinnungstests führen. Dieser Effekt ist konzentrationsabhängig und somit transient. Insbesondere können hierbei die Messwerte von D-Dimeren, aktivierter partieller Thromboplastinzeit und Prothrombinzeit (INR) falsch erhöht sein. Nicht durch Oritavancin beeinflusst werden dagegen die Messwerte für Anti-Faktor Xa und Thrombinzeit sowie die Testresultate bei der Abklärung von Protein-C-Resistenz und Heparin-induzierter Thrombozytopenie [40].

Stellenwert im Vergleich mit anderen Medikamenten

Ein Grossteil der Haut- und Weichteilinfektionen in der Schweiz wird durch Gruppe-A-Streptokokken (Streptococcus pyogenes) und MSSA verursacht. Diese Infektionen lassen sich mit Penicillin, Amoxicillin respektive Amoxicillin-Clavulansäure oder Penicillinase-festen Penicillinen behandeln [41]. Deshalb ist der Stellenwert von Oritavancin für die zugelassene Indikation «Weichteilinfektionen» in der Schweiz klein. Die Prävalenz von MRSA-Isolaten ist in der Schweiz tief (2014: 5% in der Deutschschweiz, 12% in der Westschweiz und im Tessin) [42]. Auch in der neuerlichen Analyse des Schweizerischen Zentrums für Antibiotikaresistenzen (ANRESIS) zu Fällen von MRSA-Bakteriämie in den Jahren 2008 bis 2021 wurde keine Zunahme der Inzidenz über die Jahre beobachtet [43]. Selbst bei Nachweis einer MRSA-Infektion stehen andere, preisgünstigere intravenöse und orale Therapieoptionen zur Verfügung [42]. Bei einzelnen Konstellationen mit der Notwendigkeit für eine intravenöse Therapie (wie fehlende Adhärenz bei der oralen Antibiotikatherapie oder Vorliegen multiresistenter MRSA-Isolate) und fehlender Möglichkeit oder Ablehnung von Hospitalisation oder «outpatient parenteral antibiotic therapy» (OPAT) kann die intravenöse Einmalgabe für die vollständige Therapie der Weichteilinfektion nützlich​ sein [29].
Mit der Möglichkeit einer Einmalgabe respektive Dosiswiederholung alle 7 [13, 28] oder 14 Tage [26] kann das Antibiotikum eine «rasche und einfache Lösung» im Sinne eines «Hospital-@-Home»-Medikaments darstellen. Diese Betrachtungsweise hat aber auch Risiken und muss von Fall zu Fall beurteilt werden (siehe unten, «Kritische Bemerkungen»).
Aus unserer Sicht ist der Stellenwert von Oritavancin durch seine Wirkung gegen invasive MRSA- und VRE-Infektionen hauptsächlich im Off-Label-Bereich zu sehen. Dabei kann es als Therapeutikum im ambulanten Bereich zur Komplettierung der intravenösen Therapiedauer eingesetzt werden, nachdem die akute Phase im Spital behandelt wurde, und/oder wenn orale Antibiotikaoptionen fehlen. In diesem Off-Label-Bereich wurden bisher die meisten Daten für die Indikation «Osteomyelitis» veröffentlicht [26, 28, 32, 35]. Andere Off-label-Indikationen wie «Fremdkörperinfektionen» [34, 36, 37] und «Endokarditis» [33] müssen im Einzelfall multidisziplinär besprochen werden. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, den (vorerst seltenen) möglichen Einsatz von Oritavancin mit Infektionsspezialisten zu besprechen, um die Indikation aufgrund der fehlenden Alternativen in einer spezifischen Fallkonstellation zu rechtfertigen.

Kritische Bemerkungen

Aufgrund der Möglichkeit zur bequemen Einmaldosierung besteht theoretisch das Risiko, dass Oritavancin für Infektionen eingesetzt wird, bei denen Antibiotika mit einem viel schmaleren Spektrum ebenfalls wirksam wären. Dies könnte zu einer Resistenzentwicklung gegen dieses Reserveantibiotikum führen. Die lange Halbwertszeit der Substanz mit möglicherweise lange nachweisbaren subinhibitorischen Antibiotikaspiegeln erhöht aus theoretischen Überlegungen heraus das Risiko einer Resistenzentwicklung. Diesbezüglich finden sich jedoch bisher keine Berichte in der wissenschaftlichen Literatur. Da Oritavancin im Vergleich zu anderen Antibiotika teuer ist, besteht bei nicht selektivem Einsatz das Risiko einer finanziellen Belastung des Gesundheitswesens (siehe unten, «Preis»).

Preis

Der im Kompendium angegebene Fabrikabgabepreis für 1200 mg Oritavancin beträgt 2244.35 CHF [38]. Unter Annahme einer MRSA-Weichteilinfektion mit einer notwendigen Therapiedauer von 7 bis 10 Tagen liegt dieser Preis höher als bei Gabe möglicher intravenöser Alternativsubstanzen (Daptomycin 500 mg: 138.30 CHF pro Tag; Vancomycin 2 × 1 g: 88.20 CHF pro Tag). Durch die Einmalgabe von Oritavancin können in Konstellationen, in denen eine Hospitalisation nur oder hauptsächlich wegen der antibiotischen intravenösen Therapie erfolgen müsste, die täglichen Hospitalisationskosten (einschliesslich der mit einer Kontaktisolation assoziierten Kosten [44]) eingespart werden. Die Kostenreduktion bei der ambulanten Behandlung durch eine Eimalgabe von Oritavancin im Vergleich zur täglichen Vancomycin-Gabe via OPAT ist weniger ausgeprägt [27, 45]. Diese Berechnungen zur Kostenreduktion liegen für das US-amerikanische und britische [27, 45–51], nicht jedoch für das schweizerische Gesundheitssystem vor. Nach unserer Erfahrung erfolgt die Hospitalisation selten nur wegen der intravenösen Antibiotikatherapie. Meist erfordern die durch den Infekt getriggerte Dekompensation der Organsysteme und/oder die soziale Situation die akute Hospitalisation.

Zulassung

Oritavancin wurde im August 2014 von der FDA und im März 2015 von der «European Medicines Agency» (EMA) für die Indikation «akute Haut- und Weichteilinfektionen» zugelassen. Im April 2022 wurde es durch Swissmedic für die gleiche Indikation zugelassen, und ist seit Ende September 2022 der Schweiz erhältlich. Es besteht die Einschränkung, dass Oritavancin nur für Behandlungen angewendet werden darf, wenn die für die Initialbehandlung dieser Infektionen empfohlenen Antibiotika als nicht geeignet erachtet werden [52]. Oritavancin figuriert aktuell nicht auf der Spezialitätenliste. Für die Kostenerstattung in der ambulanten Therapie braucht es entsprechend eine Kostengutsprache durch die Krankenversicherung. Damit ist eine ambulante Verabreichung gemäss zugelassener Indikation im klinischen Alltag praktisch ausgeschlossen, da bei akuten Haut- und Weichteilinfektionen die Kostengutsprache nicht abgewartet werden kann.

Applikation und Herausforderungen in der ambulanten Behandlung

Die Packungsgrösse für Oritavancin in der Schweiz liegt bei drei Durchstechflaschen mit 400 mg Oritavancindiphosphat und den Hilfsstoffen Mannitol und Phosphorsäure [38]. Das Pulver wird in sterilem Wasser rekonstituiert, und das daraus hergestellte Konzentrat in einem intravenösen 5%-Glucose-Infusionsbeutel verdünnt (totales Volumen: 1 Liter). Die so hergestellte Infusion mit 1200 mg Oritavancin wird als einzelne Dosis über einen Zeitraum von drei Stunden verabreicht [38]. Diese lange Applikationsdauer kann für ambulante Dienste (wie Spitex) eine Herausforderung darstellen. Die verabreichte Flüssigkeitsmenge kann bei Personen mit Herz- und/oder Niereninsuffizienz zu einer Volumenüberlastung führen. Die Unklarheiten bezüglich Dosierung und Dosierungsintervall bei Mehrfachgabe werden im Abschnitt «Dosierung» diskutiert.
Prof. Dr. med. Parham Sendia
Institut für Infektionskrankheiten, Universität Bern, Bern
Dr. med. Aurélien E. Martinez
Klinik für Infektiologie und Spitalhygiene, Universitätsspital Basel, Basel
Die Autoren haben deklariert, keine potentiellen Interessenskonflikte zu haben.
Prof. Dr. med. Parham Sendi
Institut für Infektionskrankheiten
Universität Bern
Friedbühlstrasse 51
CH3001 Bern
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