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Hintergrund
Eine Kaverne ist ein luftgefüllter, von einer Wand umgebener Hohlraum, entstanden durch Gewebeeinschmelzung. Dazu führen können nicht-infektiöse (Malignome, rheumatologische Erkrankungen, Lungeninfarkt) und infektiöse Ursachen (Bakterien, Mykosen und Parasiten).
Der immunsupprimierte Patient ist durch die Abwehrschwäche besonders anfällig und die Lunge aufgrund des ständigen Kontakts mit der Umwelt ein häufig betroffenes Organ. Die Grunderkrankung und Form der Immunsuppression prädisponieren für gewisse Keime. HIV Infektionen sind assoziert mit Infekten durch Mykobakterien (klassisch Tuberkulose) sowie opportunistische Keime und Lungentransplantierte durch Pseudomonas, Staphylokokken, Mykobakterien und Aspergillen. Hämatologische Malignome, Stammzelltransplantationen, Neutropenien und Steroidtherapien führen zu Mykosen vorwiegend mit Aspergillen [1].
Wir präsentieren den Fall eines 46-jährigen immunsupprimierten Patienten mit radiologischem Nachweis einer Kaverne bei Pneumonie ähnlichen Symptomen.
Fallbericht
Anamnese
Die hausärztliche Zuweisung des 46-jährigen Patienten erfolgte aufgrund eines seit zwei Wochen progredienten, produktiven Hustens mit grün-gelblichem Auswurf, leichter Hämoptyse und angedeuteter Kavernenbildung links (Abb. 1B). Bei Präsentation bestanden zudem tiefliegende, dumpfe, beim Husten und bei Inspiration verstärkte Schmerzen im Bereich des linken Schulterblattes. Fieber und Kurzatmigkeit wurden verneint.
In der Vorgeschichte bestand seit vier Monaten ein bioptisch diagnostizierter schwerer, therapieresistenter Pemphigus foliaceus (blasenbildende Autoimmundermatose), aufgrund dessen der Patient unter immunsuppressiver Therapie mit Prednison (4 Monate, zuletzt 60 mg/d) und Azathioprin (1 Monat, zuletzt 150 mg/d) stand.
Der Patient – ursprünglich aus Deutschland stammend – lebt seit 12 Jahren mit seiner Familie in der Schweiz. Risikokontakte für HIV und Tuberkulose wurden verneint. Bis auf einen Kurzaufenthalt in Spanien vier Monate vor der Vorstellung gab es keine weiteren Auslandsaufenthalte. Ein Asthma bronchiale oder andere Lungenerkrankungen lagen nicht vor. Ebenfalls bestand kein Konsum von Nikotin oder anderen Noxen.
Status und Befunde
Bei Vorstellung präsentierte sich ein afebriler, hämodynamisch stabiler Patient mit deutlich ausgeprägten Pemphigus-foliaceus-typischen Hautveränderungen im Stamm- und Gesichtsbereich. Es fanden sich enoral am lateralen Zungenrand und an der Wangenschleimhaut weissliche Beläge. Pulmonal war ein inspiratorisch betontes Knistern im linken Oberfeld hörbar. Der restliche Status fiel unauffällig aus. Im Labor zeigten sich eine seit einem Monat bestehende Leukozytose (15,12 G/l), Neutrophilie (14,12 G/l), Lymphopenie (0,38 G/l) ohne Eosinophilie mit neuem Anstieg des CRP auf 31 mg/l. Der Rachenabstrich auf Influenza und andere respiratorische Viren fiel negativ aus.
Diagnostik
Die zweieinhalb Wochen vor Vorstellung durchgeführte Computertomographie (CT) des Thorax im Rahmen des Pemphigus foliaceus wies keine Auffälligkeiten auf (Abb. 1A). Im Vergleich dazu fanden sich im CT-Thorax bei Eintritt (Abb. 1C) multiple, zentral einschmelzende, peribronchovaskuläre Konsolidationen in allen Lungenlappen mit zudem zentral soliden Komponenten. Dies ist exemplarisch illustriert hier im apikoposterioren Oberlappen links. Es bestand kein Hinweis auf eine thorakale Lymphadenopathie bei regelrecht kontrastierten Lungenarterien.
Im Sputum wurden Aspergillus fumigatus sowie vereinzelt Staphylococcus aureus und Haemophilus parainfluenzae nachgewiesen. Der PCR-Nachweis auf Mycobacterium-tuberculosis-Komplex war negativ. Zur Verifizierung der Aspergillenpneumonie wurde eine Bronchoskopie mit Zangenbiopsie durchgeführt mit Nachweis von Pilzhyphen nebst einer organisierenden, teils granulomatös nekrotisierenden Entzündung.
Therapie und Verlauf
In Zusammenschau der Befunde wurde eine Aspergillenpneumonie mit bakterieller Superinfektion diagnostiziert. Die Therapie erfolgte mit Voriconazol intravenös und gleichzeitiger antibiotischer Abdeckung mittels Piperazillin/Tazobactam, letzteres für insgesamt zehn Tage. Zur Prophylaxe der Pneumosystis-carinii-Pneumonie erfolgte die Gabe von Cotrimoxazol. Es kam im Verlauf zur Abnahme der Dyspnoe, der inspiratorischen Thoraxschmerzen und des produktiven Hustens. Nach zehntägiger Voriconazol-Therapie fand sich im Kontroll-CT eine Regredienz der wandverdickten Konsolidationen und den perifokalen Ground glass-Opazitäten (Abb. 1D). Nach sieben Tagen konnte die intravenöse Therapie mit Voriconazol unter Spiegelkontrolle sowie stabilen Leber- und Elektrolytwerten auf eine orale Verabreichung umgestellt werden. Die Therapie mit Prednison und Azathioprin wurde bei guter Abheilung der kutanen Läsionen ausgeschlichen. Die perorale Voriconazol-Therapie wurde für mindestens drei bis zwölf Monate unter CT-Verlaufskontrollen weitergeführt. Es zeigte sich bisher in den ambulanten Nachkontrollen ein erfreulicher Verlauf.
Diskussion
Eine der häufigsten Todesursachen weltweit sind Infektionskrankheiten. Dazu zählen auch opportunistische Mykosen durch Candida (Hefepilz) und Aspergillus (Schimmelpilz). Aspergillus ist in der Natur ubiquitär vorhanden und eine Inhalation der Sporen ist im Freien (Boden, Pflanzenreste) als auch in Innenräumen (Spital) möglich. Unter den Aspergillen ist der Subtyp Aspergillus fumigatus für die meisten Erkrankungen verantwortlich.
Nach Inhalation von Aspergillensporen bleibt bei Immunkompetenten häufig eine Erkrankung im Sinne einer Infektion aus. Unter prolongierter Neutropenie (<500 Zellen/mm3 für zehn Tage), hochdosierter/verlängerter (>3 Wochen) Kortikosteroidtherapie, Chemotherapien, nach Transplantationen (Lungen- und hämatopoetische Stammzelltransplantation [HSCT]), bei hämatologischen Malignomen (Leukämie), fortgeschrittenen HIV-Infektionen oder chronisch granulomatösen Erkrankungen kann es zur Manifestation einer invasiven pulmonalen Aspergillose (IPA) kommen. Des Weiteren zeigt sich eine Häufung der IPA bei Personen mit nicht klassischen Risikofaktoren, dazu gehören die schwere COPD oder kritisch Kranke mit Intensivstation-Pflichtigkeit.
Klinisch äussert sich eine IPA einer Bronchopneumonie ähnlich, mit Fieber, produktivem Husten und Dyspnoe sowie pleuritischen Schmerzen bei sehr peripherer Lokalisation. Hämoptysen sind hinweisend für eine Gefässinvasion, mögliche Zeichen einer hämatogenen Dissemination mit zerebralem Befall sind Krampfanfälle [2–4].
Konventionelle Röntgenbilder sind oft unauffällig. Das CT ist ein wichtiges Hilfsmittel für eine frühe Diagnosestellung. Der Nachweis eines «halo sign» (Makronodulus mit perifokalen «ground glass»-Opazitäten), eines «crescent sign» (Luftsichelzeichen) sowie einer Kaverne sind hinweisend, jedoch weder sensitiv noch pathognomonisch für eine IPA. Des Weiteren können Noduli (Knötchen), peribronchiale Infiltrate sowie Konsolidationen präsent sein [5].
Der diagnostische Goldstandard für die IPA ist die offene Lungenbiopsie mit histologischem Nachweis von Septen, verzweigenden Hyphen und positiver Kultur für Aspergillus. Sie ermöglicht gleichzeitig den Ausschluss eines Malignoms oder einer nicht-fungal bedingten infektiösen Erkrankung.
Der Nachweis von Aspergillen im Sputum bei Gesunden bedeutet meist eine Kolonisation, ist jedoch bei Immunsupprimierten prädiktiv für eine Erkrankung. Blutkulturen sind selten positiv. Die nachfolgend vorgestellten Serum Marker (Galactomannan, βD-Glucan) und die PCR sollten vorwiegend als ergänzende Diagnostik genutzt werden: Galactomannan, ein Zellwandbestandeil der Aspergillen, freigesetzt beim Pilzwachstum, kann einige Tage vor Auftreten einer Klinik im Serum positiv sein. Dieser Test mit fehlender Spezies-Spezifität wird bei hämatologischen Malignomen und HSCT empfohlen. Bestimmung der Aspergillus-DNA im Serum oder in der Bronchiallavage (BAL) mittels PCR prädisponiert für falsch positive Resultate, da sie keine Diskriminierung zwischen Kolonisation und Infektion erlaubt und stellt bisher keine Routineuntersuchung dar. Ein weiterer Zellwandbestandteil und Marker im Serum, βD-Glucan, wurde von der «Food und Drug Administration» (FDA) genehmigt und zeigte bisher gute Daten in schwer invasiven Erkrankungen. Gemäss den Kriterien der «European Organization for Research and Treatment of Cancer» (EORTC) gilt die Diagnose einer IPA als gesichert, wenn nebst passenden klinisch-radiologischen Zeichen eine positive Histologie vorliegt, als wahrscheinlich bei passender Mikrobiologie und Risikofaktoren und als möglich bei vorhandenen Risikofaktoren. Die EORTC-Kriterien sind jedoch weder evidenzbasiert noch prospektiv validiert [4].
Als Therapie zur Verfügung stehen gegen Zellmembran (Triazole, Amphotericin B) und gegen Zellwand (Echinocandine) wirksame Antimykotika, wobei erstere in Form von Voriconazol die Therapie der Wahl darstellt. Nebst den Nebenwirkungen (visuelle Veränderungen, Hautreaktionen und Leberfunktionsstörungen) sind Medikamenteninteraktionen vor allem mit Immunsuppressiva zu beachten. Die Therapiedauer ist abhängig vom klinischen und radiologischen Verlauf und kann mehrere Monate bis über ein Jahr andauern. Eine Reduktion der immunsuppressiven Therapie wird mit einem verbesserten Ausgang assoziiert [3, 4].
Das Wichtigste für die Praxis
• Bei unter Immunsuppression auftretender Pneumonie mit Kavernen in der Bildgebung sollte neben der Tuberkulose auch an eine Pilzinfektion gedacht werden.
• Eine rasche Diagnostik mittels Thorax-Computertomographie verbessert das Behandlungsergebnis. Die histologische Diagnosesicherung mittels Biopsie erlaubt die Bestimmung des Subtyps und den Ausschluss eines Malignoms oder anderer Erkrankungen.
• Die Therapie mit Antimykotika (Voriconazol) kann über mehrere Monate dauern und erfordert regelmässige Labor- und Bildgebungskontrollen sowie Überprüfung der Interaktionen mit anderen Medikamenten.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
Image d'en-tête: Ärztehaus rappjmed AG, Rapperswil-Jona
Sevdjane Halili Mustafa,
dipl. Ärztin
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