rTMS bei Post-COVID-19-Fatigue – wirklich effizient?

Forum
Édition
2023/22
DOI:
https://doi.org/10.4414/fms.2023.09443
Forum Med Suisses. 2023;23(22):49

Publié le 31.05.2023

Unter der Ansage «Effizient und verträglich» wird eine «N-of-1»-Studie im Swiss Medical Forum publiziert und in einem Editorial [1] wohlwollend kommentiert. Mit repetitiver transkranieller Magnetstimulation (rTMS) wird eine Patientin mit Post-COVID-19-Fatigue über Wochen, bereits ab dem dritten Monat nach Infektion, mit einem Magnetspulengerät in diversen Sitzungen und anschliessender Heimselbstbehandlung therapiert. Sicherlich wurde die Patientin auch medizinisch und psychologisch gut betreut und ihr Zustand verbesserte sich erfreulich.
Allerdings hätten auch ohne diese Therapie sehr hohe Heilungschancen bestanden, die meisten Patientinnen und Patienten mit Fatigue sind ein Jahr nach COVID-19 beschwerdefrei. Die Patientinnen und Patienten mit länger anhaltenden Beschwerden, die einer Chronic Fatigue / myalgischen Enzephalomyelitis gleichen, sind tatsächlich schwer behandelbar. Es fragt sich, ob Post-COVID-19 pathophysiologisch eine eigenständige Krankheit ist oder nicht eher einem Zustand wie zum Beispiel der Fatigue nach Epstein-Barr-Virus-Infektion gleichsteht, aber eben aktuell häufiger vorkommt. Da vulnerable und hilfesuchende Menschen jeden Strohhalm ergreifen, müssen wir in der Anwendung von nicht evidenzbasierten Therapien grosse Sorgfalt walten lassen.
Die rTMS wird seit 1985 für diverse Erkrankungen und Zustände erforscht, von Depression über Tinnitus, Fatigue, Post-Stroke-Zustände, entzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems und viele mehr. Bei der Depression lassen sich etwas Evidenz für ihre Wirksamkeit, aber auch anhaltende Kontroversen betreffend Methodik und Studienqualität finden, bei Fatigue ist die Datenlage der rTMS schwach.
Nicht nachvollziehen lässt sich das Postulat der Autoren, die rTMS bereits während der Akutphase der SARS-CoV-2-Infektion einzusetzen. Die aufwendige prophylaktische Behandlung einer noch nicht eingetretenen seltenen Komplikation einer pandemischen Erkrankung erscheint schwer vermittelbar und mit WZW-Kriterien (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit) nicht vereinbar. Gegen eine solide kontrollierte und bestmöglich verblindete Studie wäre dennoch nichts einzuwenden.
Prof. Dr. med. Robert Thurnheer,
Klinik für Innere Medizin, Kantonsspital Münsterlingen;
Dr. med. Gregory Fretz,
Medizinische Poliklinik, Kantonsspital Graubünden
Replik
Die Autoren haben auf eine Replik verzichtet.

rTMS bei Post-COVID-19-Fatigue – wirklich effizient?

Brief zu: Seemann O, Kämer B. Repetitive transkranielle Magnetstimulation bei Post-COVID-19-Fatigue. Swiss Med Forum. 2023;23(03):850–1.
Unter der Ansage «Effizient und verträglich» wird eine «N-of-1»-Studie im Swiss Medical Forum publiziert und in einem Editorial [1] wohlwollend kommentiert. Mit repetitiver transkranieller Magnetstimulation (rTMS) wird eine Patientin mit Post-COVID-19-Fatigue über Wochen, bereits ab dem dritten Monat nach Infektion, mit einem Magnetspulengerät in diversen Sitzungen und anschliessender Heimselbstbehandlung therapiert. Sicherlich wurde die Patientin auch medizinisch und psychologisch gut betreut und ihr Zustand verbesserte sich erfreulich.
Allerdings hätten auch ohne diese Therapie sehr hohe Heilungschancen bestanden, die meisten Patientinnen und Patienten mit Fatigue sind ein Jahr nach COVID-19 beschwerdefrei. Die Patientinnen und Patienten mit länger anhaltenden Beschwerden, die einer Chronic Fatigue / myalgischen Enzephalomyelitis gleichen, sind tatsächlich schwer behandelbar. Es fragt sich, ob Post-COVID-19 pathophysiologisch eine eigenständige Krankheit ist oder nicht eher einem Zustand wie zum Beispiel der Fatigue nach Epstein-Barr-Virus-Infektion gleichsteht, aber eben aktuell häufiger vorkommt. Da vulnerable und hilfesuchende Menschen jeden Strohhalm ergreifen, müssen wir in der Anwendung von nicht evidenzbasierten Therapien grosse Sorgfalt walten lassen.
Die rTMS wird seit 1985 für diverse Erkrankungen und Zustände erforscht, von Depression über Tinnitus, Fatigue, Post-Stroke-Zustände, entzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems und viele mehr. Bei der Depression lassen sich etwas Evidenz für ihre Wirksamkeit, aber auch anhaltende Kontroversen betreffend Methodik und Studienqualität finden, bei Fatigue ist die Datenlage der rTMS schwach.
Nicht nachvollziehen lässt sich das Postulat der Autoren, die rTMS bereits während der Akutphase der SARS-CoV-2-Infektion einzusetzen. Die aufwendige prophylaktische Behandlung einer noch nicht eingetretenen seltenen Komplikation einer pandemischen Erkrankung erscheint schwer vermittelbar und mit WZW-Kriterien (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit) nicht vereinbar. Gegen eine solide kontrollierte und bestmöglich verblindete Studie wäre dennoch nichts einzuwenden.
Prof. Dr. med. Robert Thurnheer,
Klinik für Innere Medizin, Kantonsspital Münsterlingen;
Dr. med. Gregory Fretz,
Medizinische Poliklinik, Kantonsspital Graubünden
Replik
Die Autoren haben auf eine Replik verzichtet.
1 Schicho JW. Hoffnung in der Behandlung von Fatigue nach COVID-Infektion? Swiss Med Forum. 2023;23(03):849
1 Schicho JW. Hoffnung in der Behandlung von Fatigue nach COVID-Infektion? Swiss Med Forum. 2023;23(03):849