Bei Schlaganfällen an paradoxe Embolien denken

Bei Schlaganfällen an paradoxe Embolien denken

Leserbrief
Édition
2020/2730
DOI:
https://doi.org/10.4414/fms.2020.08561
Forum Med Suisse. 2020;20(2730):432

Affiliations
a Universitätsklinik für Kardiologie, Departement Herz und Gefässe. Inselspital, Bern
b Universitätsklinik für Angiologie. Universitäts­Spital Zürich
c HerzGefässZentrum, Hirslanden Klinik Im Park, Zürich
d Cardio Bern AG, Bern

Publié le 01.07.2020

Bei Schlaganfällen an paradoxe Embolien denken

Leserbrief zu: Krapf R. Kurz und bündig. Swiss Med Forum. 2020;20(23–26):347–50, p. 349.
In seiner Rubrik «Kurz und bündig» berichtet Prof. Reto Krapf in «Schlaganfälle durch Verschlüsse grösserer Gefässe bei COVID-19» [1] über eine im New England Journal of Medicine publizierte Fallserie von fünf Schlaganfällen durch Verschlüsse grösserer Gefässe bei unter 50-jährigen Patient(inn)en in zeitlichem Zusammenhang mit einer akuten Erkrankung an COVID-19 [2]. In Wuhan war die Schlaganfallrate bei COVID-19-Patient(inn)en über 55 Jahre mit 5% unerklärt hoch. Der Pathomechanismus scheint unklar. Prof. Krapf erwähnt SARS-CoV-2-induzierte Endothelschädigung, COVID-assoziierte Hyperkoagulabilität und Effekte via das «angiotensin-converting enzyme 2» (Erhöhung von vaskulär exprimiertem Angiotensin) als mögliche Hypothesen.
Dass die oft mit COVID-19 einhergehende Panvaskulitis zu Hyperkoagulabilität und Endothelschädigung führt, ist nicht erstaunlich. Tatsächlich zeigt die histologische Untersuchung der Pulmonalgefässe bei COVID-19-Patient(inn)en ausgedehnte Thrombosen mit Mikroangiopathie. Diese thromboembolischen Komplikationen im kleinen Kreislauf bewirken bei den beschriebenen Patient(inn)en zusammen mit rezidivierenden Hustenanfällen eine Erhöhung des Rechtsherz­druckes. Dadurch kann es zur Drucköffnung eines persistierenden Foramen ovale (PFO) kommen. Ein solches ist bei etwa 20% aller Menschen dieses Alters vorhanden.
Die Triade venöse Thromboembolie, erhöhter Rechtsherzdruck und PFO prädestiniert zu paradoxen Embolien durch ein allfälliges PFO, die zu solchen grösseren Hirnschlägen und zu bei COVID-19-Patient(inn)en ebenfalls gehäuften Herzinfarkten führen. Die Suche nach einem PFO (und im positiven Falle dessen Verschluss) sollten zuoberst auf der Massnahmenliste stehen in Fällen wie den beschriebenen, weil paradoxe Embolien plausibler sind als die von den Autoren der Fallserie angeführten Pathomechanismen.

Replik

Prof. R. Krapf dankt für den ergänzenden Leserkommentar zum «Kurz und bündig»-Artikel.
FHM reports honoraria received from Medtronic, Menarini. BM reports personal fees from Abbott, during the conduct of the study. FN reports personal fees from Abbott, during the conduct of the study, and personal fees from Edwards, outside the submitted work. The other authors have reported no financial support and no other potential conflict of interest relevant to this article.
1 Krapf R. Kurz und bündig. Swiss Med Forum. 2020;20(23–26):347–50.
2 Oxley TJ, Mocco J, Majidi S, Kellner CP, Shoirah H, Singh IP, et al. Large-Vessel Stroke as a Presenting Feature of Covid-19 in the Young. N Engl J Med. 2020;382(20):e60.