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Fokus auf … Ungeplant schwanger trotz Prävention
Im ersten Jahr der Anwendung bei typischem Benutzungsverhalten (also u.a. inklusive Vergessen) liegt die Häufigkeit ungewollter Schwangerschaften (in % der Nutzer(inn)en/Jahr) bei etwa
Die nicht-alkoholische Fettleber hat sich als wichtigste Ursache der Steatohepatitis nachfolgender Leberfibrose und Leberzirrhose etabliert. Die Gewichtsreduktion ist zumindest bis zum Stadium der Leberfibrose nach wie vor die zentrale und vor allem lohnende therapeutische Intervention. Wie könnte sie (u.a.) wirken? Im Rahmen einer hypokalorischen Ernährung wird die Bildung der Ketokörper (Ketogenese) in den Hepatozyten stimuliert. Von einem der Ketokörper (Azetoazetat) wurde nun gezeigt, dass er von den Hepatozyten freigesetzt und direkt von den in den Lebersinusoiden anwesenden Makrophagen (Kupffer-Zellen) aufgenommen wird («Hepatozyten-Makrophagen Azetoazetat Shuttle»). Die Makrophagen (reich an Azetoazetat) werden dann in dem Sinne umprogrammiert, dass sie die Fibrosierung in den Leberläppchen hemmen. Inwiefern die Ketokörper direkt und unabhängig von ihrer entzündungshemmenden Wirkung (Hemmung des Inflammasoms, NLRP3) Einfluss nehmen können, bleibt zu klären.
Männliche Osteoporose: Östradiol wichtiger als Testosteron
Wieder einmal hat sich die riesige Biobank von Grossbritannien (n = ca. 500 000 Individuen) mit wichtigen Resultaten gerechtfertigt. Bei mehr als 175 000 Männern europäischer Herkunft bestand pro Standardabweichung Abfall des Östradiols ein signifikanter Abfall der Knochendichte und bis zu einer Verdoppelung des Frakturrisikos [1]. Die Korrelation blieb auch nach Korrektur für viele die Osteoporose und Frakturwahrscheinlichkeit betreffenden Variablen bestehen. In dieser Studie konnte dem Testosteron kein Effekt auf Knochendichte und Frakturwahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Möglicherweise manifestiert sich der negative Knocheneffekt erst bei deutlichem Hypogonadismus. In diesem Zusammenhang soll daran erinnert werden, dass die gestörte Konversion von Androgenen in Östrogene (seltene Aromatase-Defekte, [2]) oder Östrogen-Rezeptor-Defekte [3] beim Mann zur Osteoporose führen. Die Östradiol-Bestimmung sollte also integraler Bestandteil der Osteoporoseabklärung beim Mann sein. Man sollte aber wegen diffiziler Bestimmungsmethode die Testcharakteristika kennenlernen und mit dem Labor diskutieren.
Im Rahmen von Thrombozytenspenden werden in einer speziellen Kammer möglichst viele Leukozyten/Lymphozyten entfernt. Nun wird berichtet, dass eine Lymphopenie von eindrücklichem Ausmass in Abhängigkeit der Zahl von Plättchen-Apheresen (z.B. über 15 im zurückliegenden Jahr) auftreten kann. Zum Beispiel können die CD4-Lymphozyten auf Immunsuppressionsverdächtige Werte von um 200 Zellen/uL abfallen. Interessant – gleichwohl ungeklärt – ist, warum diese Spender zum Glück keinen opportunistischen Infekt erlitten und erleiden.
Der Mensch hat bis zu 100 verschiedene endogene Antibiotika (sogenannte AMPs = «antimicrobial peptides»). Etwas überraschend hat sich gezeigt, dass – zumindest bei Fruchtfliegen – gerade ein solches AMP, das sogenannte Nurini (japanisch für Schlaf, «NUR»), im Gefolge von Schlafentzug und Infektionen vermehrt exprimiert wird. Die Produktion des Genproduktes wird zusätzlich durch «clock-genes» (Regulatoren des zirkadianen Rhythmus) gesteuert. Die endogene Antibiotiakantwort scheint also zusätzlich das Schlafbedürfnis zu erhöhen und den Schlaf anzustossen, wobei dem Schlaf selber positive Folgen für die Infektabwehr respektive die Regeneration zukommen. Jenseits dieser homeostatischen Antwort ergibt sich natürlich ein Medikamentenziel zur Prävention/Behandlung der sehr häufigen Insomnien. Bemerkenswert an dieser Arbeit ist auch die Methodik: 8000 verschiedene Fruchtfliegengene wurden im Genom «hypothesenfrei» nacheinander überexprimiert und der Phänotyp analysiert. Nur eines der Gene, eben das «NUR», war für die Schlafregulation bedeutsam.
Personalisierte Medizin am Beispiel des Morbus Crohn
Nach Analyse der Umweltfaktoren und der genomischen Prädisposition erhofft man sich die Auswahl der spezifischen, individuell passenden Therapie, z.T. auch basierend auf dem Resultat der Bestimmung von Biomarkern auf diesem definierten Hintergrund.
Im Rahmen einer randomisierten, kontrollierten Studie erhielten 213 Frauen in Neuseeland mit drohendem frühzeitigen Schwangerschaftsende entweder Betamethason oder Plazebo. Beide Gruppen erhielten ebenfalls Wehenhemmer (Tokolyse), um die Geburt noch 48–72 Stunden hinauszuzögern. Die Steroidintervention reduzierte die Häufigkeit eines Atemnotsyndroms (von 26% auf 9%), das damals auch Syndrom der hyalinen Membranen genannt wurde. Die Senkung betrug also wie auch jene der perinatalen Mortalität (von 18% auf 6%) eindrückliche zwei Drittel. Später fand man zusätzlich, dass durch die Glukokortikoidapplikation auch die Häufigkeit der intrazerebralen Hämorrhagien tiefer ausfiel.
Pediatrics. 1972;50(4):515–25.
Verfasst am 10.02.2019.
Das hat uns gefreut
Lücke geschlossen: Statine bei älteren Patienten
Bekannt ist, dass die meisten randomisierten, kontrollierten Studien (= die Basis der evidenzbasierten Medizin) die häufigste Patientengruppe der Hausarztmedizin (= jene über 70 Jahre) meist ausgeschlossen haben. Wenn auch nur als Meta-Analyse (22 Studien mit mindestens 1000 Teilnehmern, total über 130 000) wird nun gezeigt, dass die kardiovaskuläre Protektion auch bei den älteren Patienten signifikant nachweisbar ist. Bei Patient(inn)en über 75 Jahren allerdings nur, wenn diese schon ein klinisches kardiovaskuläres Ereignis (= Hochrisikogruppe) erlitten hatten. Bei der Indikation ist nach wie vor aber auch an die Nebenwirkungen (Muskelschmerzen, hämorrhagische Hirninsulte und Diabetes mellitus Typ 2) zu denken. Ebenfalls bestätigt wurde kürzlich die anabole Wirkung der Statine auf den Knochen (bei Frauen): Sie erhöhen im peripheren CT die kortikale Knochenmasse und vermindern die Porosität der Kortikalis. Beide Parameter sind zentrale Prognosefaktoren für Frakturen [2].
Drohnenabsturz als zeitiges Warnsignal der Ineffizienz
Eine Drohne der Post stürzte vor ein paar Wochen mit biologischem Probematerial, zum Glück nach der Vornahme der Analytik und ohne Unfallfolgen für Dritte, in den Zürichsee. Der drohnengestützte Postversand scheint in unseren Breitengraden ja sowieso ein Paradebeispiel für Ineffizienz und nach kurz und bündiger Ansicht kein Zukunftsmodell (auch wegen den ausgesendeten Dezibels). Ganz im Gegensatz zu bevölkerungsarmen (wenn nicht bevölkerungslosen) Gegenden: Drohnen haben erfolgreich vergiftete Köder ausgelegt, um die eingeschleppten Ratten, welche das einzigartige Naturexperiment der Galapagos bedrohen, zu dezimieren.
Postoperative Lungenkomplikationen nach neuromuskulärer Blockade
Die multizentrische POPULAR-Studie bestätigte soeben frühere Beobachtungen, dass dabei die postoperativen Lungenkomplikationen signifikant und deutlich ansteigen. Eine der Hypothesen zur Pathogenese dieser Komplikationen liegt in der Annahme einer residuellen, neuromuskulären Blockade nach Extubation. Etwas kontraintuitiv (und unerfreulich) ist deshalb die Beobachtung, dass weder das neuromuskuläre Monitoring (zur Kontrolle der Muskelaktivität) noch eine medikamentöse Antagonisierung (u.a. mit Neostigmin) einen Effekt auf die Komplikationsrate ausübten. Die Autoren glauben, dass noch zu oft mit neuromuskulärer Blockade operiert wird und empfehlen, diese vor allem bei Patient(inn)en mit guter pulmonaler Funktion vermehrt zu evaluieren.
Alter: Parallelen zwischen Osteoporose und kognitiven Störungen
Die maximale Knochenmasse, auch Knochenreserve genannt, wird etwa im Alter von 25 Jahren erreicht. Sie ist der entscheidende Faktor, ob und wann man im Verlaufe des Lebens eine Osteoporose entwickeln wird oder nicht. Kognitive Jugendlichkeit im Alter andererseits wird bislang – auch in tröstenden Gesprächen unter Pensionierten – lebenslanger intellektueller Aktivität, dem Ausbildungsniveau und anforderungsreichen beruflichen oder hobbymässigen Aktivitäten («Herausforderungen» als horribile dictu) zugeschrieben. Neurobiologisch spricht man von neurokognitiver «Reserve» und vermutet die Ausbildung differenzierterer neuronaler Vernetzungen. Stimmt wahrscheinlich nicht oder nur sehr begrenzt! Ehemalige amerikanische Rekruten (Teilnehmer der «Vietnam Era Twin Study of Aging» VETSA) wurden zwischen 1965–1975 im Alter von 20 Jahren und dann wieder im Alter von 62 Jahren in Bezug auf ihre kognitiven Fähigkeiten getestet. Jene, die im jungen Erwachsenenalter die Pfiffigeren waren, waren es mit grosser Wahrscheinlichkeit auch wieder fast ein halbes Jahrhundert später. Die genannten, intellektuell stimulierenden Lebensaktivitäten und das Bildungsniveau hatten hingegen einen vergleichsweise sehr kleinen Einfluss! Demenzprävention – und Osteoporoseprophylaxe – könnte also am wirksamsten in der Adoleszenz sein!
Sie beurteilen einen 51-jährigen Mann mit erhöhten Lebertransaminasen und haben ultrasonographisch eine Fettleber diagnostiziert. Sein Body-Mass-Index (BMI) beträgt genau 30 kg/m2. Er konsumiert 2 dl Rotwein pro Tag. HbA1C = 6,6%, AST 120 U, ALT 150 U, alkalische Phosphatase, Bilirubin, Albumin, INR sind normal. Ferritin beträgt 384 μg/l (obere Norm ca. 300) und die antinukleären Antikörper sind mit 1:160 erhöht. Die wahrscheinlichste Diagnose ist:
A) Alkoholische Fettleber (AFLD)
B) Chronische virale Hepatitis
C) Hämochromatose
D) Nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD)
E) Autoimmune Hepatitis
Antwort
Alle Diagnosen sind zu betrachten/auszuschliessen! Allerdings manifestieren sich die chronische virale Hepatitis und die autoimmune Hepatitis in der Regel nicht mit einer Steatose. Die verlässliche Anamnese (auch wenn die Dosis-Wirkungs-Beziehung enorm variabel ist!) und der AST:ALT-Quotient (<1) sprechen gegen Inkriminierung des Rotweinkonsums. Die wahrscheinlichste Diagnose ist also die NAFLD (Antwort D richtig), bei ihr kommen moderate Ferritinerhöhungen und niedrigtitrige Auto-Antikörper vor.
Wussten Sie?
Die beste diagnostische Methode, das Vorliegen einer Leberfibrose zu evaluieren (als Basis weiterer Abklärungen) auf dem Boden einer nicht-alkoholischen Fettleber ist:
A) Ultraschall-basierte Elastographie (Fibroscan)
B) MRT-Elastographie
C) Biomarkeranalysen wie FibroTest® oder Hepascore®
D) Leberbiopsie
E) Bestimmung von Alter, HbA1C, BMI, AST, ALT, Thrombozyten und Albumin
Antwort
Richtig in diesem Setting ist Antwort E. Diese Parameter sind Teil des NAFLD-Fibrose-Scores (www.nafldscore.com), der je nach gewähltem Grenzwert einen positiven Voraussagewert von 90% und einen negativen von 93% erbringt. Im vorliegenden Fall kann der Score eine Fibrose weder sicher ausschliessen noch bestätigen, weitere Abklärungen (siehe alternative Antworten) sollten folgen.