– Aspiration von Magensaft führt initial zu chemischer, steriler Pneumonitis (Mendelson-Syndrom): notwendig sind Makroaspirationen (>120 ml) sehr sauren Inhaltes (pH <2,5).
Durch Verwendung von Daten aus nationalen Registern, mit geographischen Schwerpunkten in Skandinavien, Grossbritannien und Australien, finden zwei parallel von der gleichen Autorengruppe publizierte Artikel folgende Wahrscheinlichkeiten, dass Gelenkimplantate nach 25 Jahren ihren Dienst noch zufriedenstellend versehen können:
– Hüftgelenkprothesen: 58%;
– totale Kniegelenkprothesen: 82%;
– unilaterale Knieprothesen: 70%.
Werden sich diese Zahlen durch neue Techniken, Materialen und Verwendung von Robotik weiter verbessern? Weitherum wird bemängelt, dass die klinische Testung von neuen Implantaten/Methoden nicht so streng wie jene von neuen Medikamenten durchgeführt wird. Angesichts dieser Zahlen sollte dies zu einem Motivationsschub führen, um nicht – wie leider auf dem Gebiet der Prothetik mehrmals geschehen – Rückschläge zu erleiden.
Schulterprothesen werden noch nicht so lange und noch nicht so häufig wie Hüft-oder Knieendoprothesen implantiert. Immerhin wird (in Grossbritannien) diese Operation sechsmal häufiger als vor 20 Jahren vorgenommen. In der Zeitperiode von 1997 bis 2017 wurden knapp 52 000 zum Zeitpunkt des Eingriffes über 50 Jahre alte Patient(inn)en (Total der Eingriffe = 58 000) langfristig nachkontrolliert. Das Risiko einer Revisionsoperation lag bei über 85-Jährigen – intuitiv und biologisch gesehen schon vermutbar – bei weniger als 3%. Allerdings musste jeder vierte Mann im Alter zwischen 55 und 59 Jahren revidiert werden, mit der höchsten Revisionsrate in den ersten fünf postoperativen Jahren. Negative Überraschung: Die schwerwiegenden Nebenwirkungen (namentlich Lungenembolien, Herzinfarkte, Pneumonien, akute Niereninsuffizienz und Harnwegsinfekte) innerhalb der ersten 90 postoperativen Tage waren mit 1 auf 20 Operationen in der gesamten untersuchten Kohorte höher als bisher angenommen. Die Mortalität zum gleichen Zeitpunkt betrug 0,5%.
Im Rahmen einer prospektiven, kontrollierten Studie wurde die Verschreibepraxis (in England zwischen November 2016 und August 2017) von Antibiotika für respiratorische Infekte in Hausarztpraxen untersucht. 41 Praxen (mit 320 000 Patientenjahren) erhielten elektronisch infektiologischen Rat und Kontrollen («antibiotic stewardship»), ob und welche Antibiose indiziert sei. 38 nicht unterstützte Hausarztpraxen (mit 260 000 Patientenjahren) dienten als Kontrollen. Ohne dass ein negativer Effekt auf den Verlauf schwerwiegender Infekte erkennbar gewesen wäre, führte die Unterstützung zu einer kleinen bis mässigen Reduktion der Antibiotikaverordnungen. Absolut ausgedrückt konnte auf eine Antibiotikaverschreibung auf 62 infrage kommende Fälle verzichtet werden. Kein Effekt wurde bei Kindern <15 Jahren und Personen >85 Jahre gefunden. Diese Studie kann durchaus als ein Kompliment für die Qualität der Hausärztinnen und Hausärzte gesehen werden!
Direkt wirkende Antikoagulanzien: Die empfohlene Dosis scheint die beste!
In einer Patientenkohorte (n = 8425), deren Mitglieder zwischen 2011 und 2017 neu direkt wirkende orale Antikoagulanzien aufgrund eines nicht-valvulären Vorhofflimmerns verschrieben erhielten, wurde untersucht, wie viele Patient(inn)en wegen tatsächlicher oder befürchteter Blutungsnebenwirkungen – entgegen der Herstellerempfehlungen – mit einer Dosisreduktion weiterbehandelt wurden. Es waren ganze 40%! Leider stiegen dabei signifikant auch die direkt/indirekt folgenden Endpunkte: erhöhte Rate an Schlaganfällen, Herzinfarkten, Mortalität. In Übereinstimmung mit anderen Studien sank bei tieferer Dosis auch das Blutungsrisiko nicht, sondern stieg hier sogar signifikant an. Die Gründe sind nicht klar: Es könnte sich um eine Subgruppe mit generell mehr und stärkeren Blutungsgründen handeln, die sich im Verlauf der Therapie unabhängig der Dosis weiter akzentuieren.
– Antibiotika für 24 Stunden bei Komatösen nach Notfallintubation
– Mindestens 8 Stunden nüchtern / 2 Stunden ohne klare Flüssigkeit vor Wahloperationen
– Schluckabklärung nach Schlaganfall und nach Extubation bei mechanischer Ventilation
– Magen- und Duodenalsonden von unsicherer Wirkung
– Essenstechniken: so aufrecht wie möglich, Kinn nach unten, Kopfdrehung nach einer Seite, mehrere Einzelschlucke mit kleinen Volumina, aktives Husten nach jedem Schluck
– Bei Hypertonie: ACE-Hemmer senken Aspirationsrisiko signifikant
Valsartan/Sacubitril bei akut dekompensierter Herzinsuffizienz (mit reduzierter Auswurffraktion)
Die sogenannte Paradigm-HF-Studie, Basis der wichtigsten aktuellen fachlichen Richtlinien, hatte eine deutliche Mortalitätsverminderung der meist ambulant begonnen Valsartan/Sacubitril-Therapie (Entresto®) im Vergleich zu Enalapril (2× 10 mg) gezeigt [1]. Die Studie wurde kritisiert wegen der Möglichkeit, dass Enalapril unterdosiert war und wegen des inzwischen etwas korrigierten, hohen Preises (aktuell in der Schweiz: ca. 2300 CHF für die Zieldosis von 2 × 200 mg pro Jahr vs. ca. 350 CHF für 2 ×20 mg Enalapril). Die vorliegende Studie (Pioneer-HF) [2] findet nun, dass Valsartan/Sacubitril die pro-BNP-Spiegel bei akuter Herzinsuffizienz schneller und ausgeprägter senkte als Enalapril, dies bei identischer Rate an Nebenwirkungen wie Niereninsuffizienz, Hyperkaliämie, Hypotonien und Angioödem.
Warum aber hat man in einer Studie, die auch einen Wirksamkeitsnachweis erbringen wollte, diesen Surrogat-Endpunkt gewählt und nicht untersucht, welches der Effekt auf beispielsweise die Auswurffraktion ist? Sacubitril hemmt eine Endopeptidase, welche natriuretische Peptide in den Nieren abbaut. Somit steigen die meisten endogenen natriuretischen Peptide an und tragen zur Wirkung des Medikamentes bei (Natriurese, Hemmung von Renin/AngiotensinII/Aldosteron u.a.). Das in der Studie gemessene n-terminale pro BNP (NT-pro-BNP) ist als Ausnahme jedoch kein Substrat für die Endopeptidase. Sein Abfall kann also als Zeichen der verbesserten kardialen Funktion gesehen werden.
Diese Studie zeigt somit: Valsartan/Sacubtril ist auch in der Akutsituation etwa gleich sicher wie eine einfache ACE-Hemmung. Die Wirkungserwartung beruht letztlich auf der (zunehmenden) Evidenz, dass das verwendete NT-pro-BNP ein valabler Parameter des therapeutischen Ansprechens ist.
Forscher der Universität Basel bestätigen in einer neuen Untersuchung [1], dass selbst bei grossen Glücksereignissen (nehmen wir mal einen ansehnlichen Lottogewinn) oder Pechereignissen oder Verlusten (z.B. Stellenverlust wegen einer Spitalschliessung) das Phänomen der «emotionalen Adaptation» [2] dafür sorgt, dass man im Glücksfall schnell wieder in der alten Freude-Sorgen-Skala lebt. Zum Glück können sich die meisten auch nach einem Verlusterlebnis wieder emotional erfreuen und die Mehrzahl der Betroffenen findet wieder in ihre normalen Stimmungslagen zurück. Die emotionale Bandbreite des Erlebens könnte also – genetisch oder erworben – vorbestimmt und relativ konstant sein. Ein Unwissen über diese emotionale Adaptation, so die Basler Forscher, könnte Individuen zu – längerfristig betrachtet – Fehlentscheiden veranlassen, weil sie den subjektiven Nutzen falsch einschätzen. Hätten Sie die «Gewöhnung» einbezogen oder korrekt prognostizieren können, wäre der Entscheid vielleicht anders ausgefallen. Hätte ein Patient X sich dann einer belastenden Behandlung doch unterzogen? Oder hätte ein Paar überhaupt geheiratet, wenn es den Gewöhnungs-(oder gar: Abnützungs-)Effekt über die Folgejahre korrekter hätte einschätzen können? Die Erwartung eines glücklicheren Lebens, auch wenn später korrigiert, dürfte aber situativ ein wesentlicher Motivator sein, eine Idee zu verwirklichen oder ein Unternehmen u.a.m zu gründen, also einem wichtigen Faktor für Erneuerungsprozesse – individuell und gesellschaftlich – gleichkommen.
2 Lazarus RS. Emotion and Adaptation. Oxford University Press, First Edition, Later Printing (1991), ISBN-13: 978-0195092660.
Verfasst am 18.02.2019.
Neues aus der Biologie
Insulin, ein oral verabreichbares Medikament!
Die meisten heute eingesetzten Makromoleküle wie auch Insulin werden im Magen-Darm-Trakt schnell abgebaut und/oder sehr schlecht absorbiert. Gerade für Insulin, das häufig pro Tag und meist lebenslang eingenommen werden muss, wäre – neben der immer noch nicht richtig Fahrt aufnehmenden nasalen Applikation – ein orales Präparat für die Patient(inn)en ein grosse Erleichterung. Mittels einer sich selbstorientierenden (wegen spezieller Anordnung des Schwerpunktes sich auf der Schleimhautoberfläche ausrichtenden, siehe Abbildung), wenige Millimeter grossen, mit einer internen Feder versehenen Kapsel konnte Insulin erfolgreich in die Magenwand (4–6 mm dick) injiziert werden (Schweinebäuche).
Lumbale Diskushernien: 10 Jahre lang nachbeobachtet
280 Patient(inn)en mit typischen klinischen Symptomen einer radikulographisch nachgewiesenen lumbalen Diskushernie, aber ohne absolute Operationsindikation wie Paresen, wurden operativ oder konservativ behandelt und über zehn Jahre beobachtet. Die chirurgische Intervention ergab in den ersten vier Jahren ein besseres klinisches Resultat, die Unterschiede verschwanden danach, sodass operative und konservative Verfahren ab dem vierten Jahr identische Resultate erbrachten. Diese Studie gehört zu einer der meist zitierten der orthopädischen Literatur.
Weber H. Spine. 1983;8:131–40.
Verfasst am 21.02.2019.
Das hat uns gefreut
Erstautorenschaft: mehr Frauen!
Mit Stolz berichtet das Magazin Science, dass in den Jahren 2016 und 2017 erstmals signifikant mehr Frauen als Erstautorinnen in einem der verschiedenen Journale der Gruppe auftraten als Männer. Die Wahrscheinlichkeit, eine Arbeit in diesen begehrten Zeitschriften zu publizieren, hatte sich für Forscherinnen und Forscher seit 2010 schon angeglichen und war 2014/2015 identisch gewesen. Interessant auch: Die Wahrscheinlichkeit einer Akzeptierung verdoppelte sich für beide Geschlechter innerhalb dieser sieben Jahre (von etwa 2,5 auf etwas über 5%).
Das hat uns – trotz eines Lichtblickes – weniger gefreut
Seelische Erkrankungen bei Ärzt(inn)en
Der Arztberuf ist abwechslungsreich und spannend, oft aber auch verbunden mit hohem Berufsstress und zunehmender Fremdbestimmung. Weltweit ist die Prävalenz von Angststörungen, Depressionen und Suiziden in der Ärzteschaft signifikant höher als bei anderen Berufsgruppen. Die Krankheitsauslöser sind vielfach und unterschiedlich (z.B. Weiterbildungsphase versus Kaderarztpositionen). Eine Literaturübersicht findet allerdings Evidenz, dass Abklärungen und Interventionen, die spezifisch auf Ärztinnen und Ärzte fokussieren, einen signifikanten, wenn auch eher kleinen heilenden oder präventiven Effekt aufweisen.
In den USA wurde nach Korrekturen für Unterschiede in den sozioökonomischen und gesundheitsrelevanten Faktoren gefunden: Eine Zunahme der Hausärztezahl um 1 auf 10 000 Einwohner ist mit einer verlängerten, lokalen Lebenserwartung von gut 51 Tagen assoziiert. Die gleiche Zunahme an Spezialärzten verlängert sie um gut 19 Tage.
JAMA Intern Med 2019, doi:10.1001/jamainternmed.2018.7624.