Eosinophile Ösophagitis
Überblick über eine noch junge Erkrankung

Eosinophile Ösophagitis

Übersichtsartikel
Ausgabe
2022/4950
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2022.09160
Swiss Med Forum. 2022;22(4950):800-804

Affiliations
a Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsspital Zürich, Zürich; b Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Kantonsspital St.Gallen, St.Gallen; c Intesto KLG, Gastroenterologische Praxis & Crohn-Colitis-Zentrum Bern, Bern; d Clinica Luganese Moncucco, Lugano; e Service de gastro-entérologie et d’hépatologie, Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV), Lausanne; f Gastroenterologie/Hepatologie, Clarunis – Universitäres Bauchzentrum Basel, Basel

Publiziert am 07.12.2022

Die eosinophile Ösophagitis ist als junge Erkrankung bei vielen praktizierenden Ärztinnen und Ärzten noch wenig bekannt und wird daher oft nicht frühzeitig erkannt. Ein aktueller Überblick.

Hintergrund

Die eosinophile Ösophagitis (EoE) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Speiseröhre mit enger Assoziation zu atopischen Erkrankungen, weshalb auch im Hinblick auf das eosinophile Entzündungsmuster und die zahlreichen klinisch-epidemiologischen Parallelen gelegentlich die Umschreibung «Asthma der Speiseröhre» verwendet wird. Ursprünglich ging man von einer seltenen Erkrankung («orphan disease») aus, wohingegen sich gezeigt hat, dass – bei deutlich steigender Inzidenz, welche nicht nur auf eine vermehrte Achtsamkeit für diese Erkrankung zurückzuführen ist – eine ähnliche Häufigkeit wie bei anderen häufigeren immunvermittelten Erkrankungen zu beobachten ist. Noch immer wird allerdings die Erkrankung oft nicht frühzeitig erkannt. Neben Fachleuten für Gastroenterologie werden nicht selten als Erstes Hausärztinnen und Hausärzte oder Kolleginnen und Kollegen der Allgemeinen Inneren Medizin, Pneumologie, Otorhinolaryngologie und Allergologie/Dermatologie konsultiert. In den letzten Jahren wurden entscheidende Fortschritte im Krankheitsverständnis und hinsichtlich der therapeutischen Ansätze dieser noch jungen Erkrankung gemacht. So wurde vor wenigen Jahren ein erstes Präparat überhaupt in der Indikation EoE zur topischen Therapie zugelassen. Gleichzeitig befinden sich zahlreiche topische und systemische Therapie-Ansätze in der Entwicklung.

Historie

Die EoE ist eine noch junge Krankheit. Bei gut einem Drittel der Betroffenen wird diese Dia-gnose erst im Rahmen einer notfallmässigen endoskopischen Entfernung impaktierter Speisen gestellt, wobei dysphagische Beschwerden im Allgemeinen bereits fünf bis sechs Jahre vor der Diagnosestellung bestehen. Der gastroenterologische Notfall einer Bolusentfernung wurde zwar bereits vor Jahrzehnten bei der akzidentellen Ingestion von Fremdkörpern, Geflügelknöchelchen oder Fischgräten beobachtet, jedoch eben nicht beim Schlucken von ganz «normalen» Speisen. Da eine lang dauernde Bolusimpaktierung eine Patientin oder einen Patienten zwingt, ärztliche Hilfe aufzusuchen und diese Notfälle erst seit gut 30 Jahren – und zwar mit zunehmender Häufigkeit – auftreten, haben wir gute Gründe anzunehmen, dass die EoE in den letzten beiden Dekaden des 20. Jahrhunderts neu aufgetreten ist. Erkannt und anhand je einer Patientenserie unabhängig voneinander beschrieben wurde dieses Krankheitsbild in den 1990er-Jahren durch Stephen Attwood aus England und Alex Straumann aus der Schweiz. Das neue Erscheinen einer Krankheit hat zur Folge, dass viele der heute praktizierenden Ärztinnen und Ärzte in ihrer Aus- und Weiterbildung noch keine Informationen über diese chronische gastrointestinale Entzündung erhielten. Eine weitere Konsequenz ist, dass wir noch wenig über die Langzeitperspektive, konkret über die Risiken dieser chronischen Entzündung, aber auch kaum etwas über die Risiken der erforderlichen Langzeittherapien wissen.

Epidemiologie und Pathogenese

Studienberichte aus einigen industrialisierten Ländern wie den USA, Australien und diversen europäischen Ländern von geographisch begrenzten Regionen zeigen, dass die Inzidenz und die Prävalenz der EoE in den letzten Jahren sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen deutlich zugenommen haben [1]. Es zeigt sich eine ungleiche Verteilung mit höherer EoE-Prävalenz in Ballungszentren. Dies wird nicht nur einer verbesserten Kenntnis dieser Erkrankung, sondern einer echten Zunahme der Krankheitshäufigkeit zugerechnet. In der Schweiz hat die kumulative Prävalenz in den bezüglich EoE gut dokumentierten Regionen des Bezirks Olten und im Kanton Waadt stark zugenommen und beträgt mittlerweile etwa 50 Personen pro 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner. In einigen industrialisierten Regionen werden mittlerweile Prävalenzwerte von > 100 Personen / 100 ​000 Einwohnerinnen und Einwohner angegeben. Die EoE ist somit keineswegs nur eine seltene Erkrankung, dürfte doch praktisch in jedem grösseren Dorf eine Person mit diagnostizierter EoE leben.
Grundsätzlich kann die EoE bei jedem Individuum und in jedem Lebensalter auftreten. Männer sind aber mit einem Geschlechterverhältnis von 3:1 in der dritten und vierten Dekade ihres Lebens am häufigsten betroffen. Ausserdem kommt die EoE bei Menschen mit Atopie häufiger vor als bei solchen ohne diese Neigung zu einer verstärkten allergischen Reaktion. Bei Kindern sind oftmals IgE-vermittelte Lebensmittelallergien, bei Adoleszenten und Erwachsenen allergische Atemwegserkrankungen wie das Asthma bronchiale und/oder eine allergische Rhinokonjunktivitis vorbestehend. Ana-mnestisch sollten diese erfasst werden und es sollte auch auf eine familiäre Häufung geachtet werden.
Meistens handelt es sich bei der EoE um eine Nahrungsmittelallergie. Aeroallergene dürften hingegen eher selten von Bedeutung sein. Die über 90%ige Erfolgsrate von Aminosäure-basierten Elementardiäten belegen, dass in der Tat Speiseproteine die Hauptursache der EoE sind. Da es sich aber um eine nicht-IgE-vermittelte allergische Spätreaktion handelt, sind die Allergene nicht mit den gängigen allergologischen Tests fassbar.
In der Schweiz werden die epidemiologischen Daten der EoE seit etwa 30 Jahren im Rahmen einer Kohorte gesammelt (von Alex Straumann, Olten). Gemäss Schätzungen sind momentan ungefähr 10–15% der schweizerischen Patientinnen und Patienten in einer Kohorte erfasst [2].

Diagnosestellung

Die Diagnose der EoE beruht auf drei Kriterien [3]:
Abbildung 1: Vergleich eines normalen Ösophagus mit dem einer aktiven (inflammatorischen) eosinophilen Ösophagitis (EoE) sowie mit dem eines Phänotyps einer progredienten Fibrosierung.
Dargestellt sind die endoskopischen und histologischen Befunde bei EoE im Vergleich zum Normalbefund und dem jeweiligen Ösophagus-Innendurchmesser. Grafik unten: Darstellung des Krankheitsverlaufs über die Jahre (Histologieaufnahmen: Hämatoxylin-Eosin-[HE-]Färbung, 100-fache Vergrösserung; links und Mitte: Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von Dr. med. Christian Bussmann, Pathologie-Institut, Viollier AG, Basel; Aufnahme rechts von Prof. Dr. med. A. Straumann, Autor).
Beim Vorliegen einer ösophagealen Dysphagie besteht der erste Abklärungsschritt in einer oberen Panendoskopie. Bei jeder Person mit Schluckstörungen sollten ösophageale Biopsien entnommen werden, selbst wenn die Endoskopie unauffällig erscheint. Da bei der EoE die Entzündung oft fleckförmig ist, wird empfohlen, mindestens drei Biopsien aus dem distalen sowie drei Biopsien aus dem proximalen Ösophagus zu entnehmen – und zwar bevorzugt aus Regionen mit EoE-typischen Läsionen. Mit dieser Biopsiestrategie beträgt die Wahrscheinlichkeit, eine EoE zu erfassen, gut 95%. Im Rahmen der Endoskopie bei Erstdiagnose sollten auch Biopsien aus Magen und Duodenum entnommen und auf eosinophile Infiltration, Helicobacter pylori und Zöliakie untersucht werden. Da eine eosinophile Infiltration per se unspezifisch ist, sollte klinisch und histologisch unter anderem nach folgenden Erkrankungen gesucht werden: gastroösophageale Refluxkrankheit, ösophageale Infektionen (Candida, Herpes simplex), Zöliakie, Achalasie, ösophagealer Befall im Rahmen eines Morbus Crohn, «pill ulcer» und Parasitosen. In der klinischen Praxis ist besonders die Abgrenzung zur gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) entscheidend. Diese ist nicht nur sehr häufig und mit einem zumindest teilweise klinisch überlappenden Bild verbunden, sondern stellt wohl die mit Abstand wichtigste Ursache und Differentialdiagnose einer hohen Eosinophilendichte in ösophagealen Biopsien dar. Längst nicht jede Eosinophilenvermehrung ist daher mit einer EoE gleichzusetzen. Besonders bei distal betonter Eosinophilie im Zusammenhang mit einem typischen klinischen Phänotyp für eine GERD ist letztgenannte die wahrscheinlichere Diagnose. Komplizierend kommt noch hinzu, dass die EoE und die GERD keine exklusiven Erkrankungen darstellen und nicht selten als konkomitante Erkrankungen vorliegen können.
Obwohl die endoskopischen Alterationen oft eindrücklich sind, sind sie noch nicht Teil der diagnostischen Kriterien. Folgende endoskopische Zeichen sind aber typisch für eine EoE:
Eine Dysphagie für solide Speisen ist praktisch immer Ausdruck einer organischen Ösophagusaffektion – im besten Fall einer EoE, im schlimmsten Fall eines Karzinoms – und ist deshalb als Alarmsymptom zu betrachten mit der Notwendigkeit einer endoskopischen Abklärung.
Aufgrund der bereits oben erwähnten häufigen atopischen Komorbiditäten sollte zudem eine Zuweisung zu einer allergologischen Abklärung erwogen werden, um auch diese Affektionen lege artis zu therapieren.
Laboranalysen kommt bei der Diagnose einer EoE lediglich eine subsidiäre Bedeutung zu – prinzipiell sind diese zur Diagnosestellung gar nicht notwendig: Ein Differentialblutbild zeigt in etwa 50% der Fälle eine leichte Eosinophilie und der Gesamt-IgE-Spiegel ist als Folge von allergischen Komorbiditäten bei etwa 70% der Betroffenen erhöht. Bildgebende (z.B. Computertomographie, Ösophagus-Breischluck) und funktionelle Untersuchungen (z.B. Manometrie, pH-Metrie, Distensibilitätsmessung) sind nur bei unklarer Diagnose sowie im Rahmen von Studien indiziert.

Klinik

Die Symptomatik der EoE ist stark altersabhängig: Bei Erwachsenen ist das Leitsymptom Dysphagie für solide Speisen bis zur vollkommenen Obstruktion (Bolusimpaktation). Aber auch Thoraxschmerzen (nicht selten auch belastungsinduziert) und brennende Retrosternalschmerzen können auftreten. Bei Kindern können refluxähnliche Beschwerden, postprandiales Erbrechen, Bauchschmerzen und Diar-rhoe bis hin zu Nahrungsverweigerung und Gedeihstörungen in Erscheinung treten. Es ist zu beachten, dass viele Patientinnen und Patienten sich langsam an die Schluckbeschwerden gewöhnen und versuchen, diese mit veränderten Essgewohnheiten – beispielsweise ausgiebigem Kauen, reichlichem Trinken, Vermeiden faseriger und trockener Speisen – unter Kontrolle zu halten. Um die Dysphagie zu eruieren, braucht es deshalb eine sorgfältige und gezielte Anamneseerhebung.
Bedauerlicherweise dauert es durchschnittlich gut fünf Jahre vom ersten Auftreten der Symptome bis zur Diagnose der EoE. Mehrere Ursachen sind für diese diagnostische Verzögerung verantwortlich (Ausweichmechanismen/Gewöhnung, ungenügende Kenntnis des Krankheitsbilds durch medizinische Fachleute). Eine unbehandelte eosinophile Entzündung führt aber fast obligat zu Bindegewebsveränderungen mit narbigen Strikturen und Wandstarre der Speiseröhre, welche das Risiko erhöhen, eine komplette Speiseblockade zu erleiden. Daher sollte die EoE-Diagnose möglichst früh gestellt werden.

Therapeutische Optionen

Es gibt zwei wichtige Therapieziele bei der Behandlung der EoE [3]: Kontrolle der Symptome und damit Verbesserung der Lebensqualität, Kontrolle der Entzündung mit Verhinderung von Komplikationen sowie Remodelling.
Zum Erreichen dieser Ziele stehen im Wesentlichen drei Therapiepfeiler zur Verfügung («3D»-Prinzip)[4]:
Sowohl mit den erwähnten Medikamenten als auch mit den Diäten kann die EoE meist erfolgreich behandelt werden. Beides stellt die Basistherapie der EoE dar. Die Dilatation ist eine zusätzliche Therapiemöglichkeit im fortgeschrittenen Krankheitsstadium bei Strikturen, falls trotz erfolgreicher antiinflammatorischer Therapie mit Medikamenten oder Diät die Beschwerden persistieren. Welche der Methoden eingesetzt werden soll, hängt vom Wunsch und von den Möglichkeiten der Betroffenen und der Behandelnden ab. Eine ausführliche Aufklärung, eine gemeinsame Therapieentscheidung und eine gute Arzt-Patienten-Beziehung sind Grundvoraussetzungen für den Erfolg einer meist notwendigen Langzeittherapie.

Medikamente

Kortikosteroide

Topisch wirkende Kortisonpräparate haben sich als die wirksamsten Medikamente zur Therapie der eosinophilen Entzündung erwiesen. Mit diesen Präparaten gelingt es, Beschwerden, Entzündungen und Langzeitkomplikationen der EoE sehr zuverlässig zu behandeln. Lokal wirksame Kortisonpräparate sind deshalb trotz Off-Label-Status seit mehreren Jahren die Medikamente der ersten Wahl zur Behandlung der EoE. Sowohl geschlucktes Fluticasonpropionat (500–1000 µg/Tag) als auch orales visköses Budesonid (1000–2000 µg/Tag) haben sich bei der Behandlung der EoE als wirksam erwiesen [5]. Glücklicherweise sind diese rein lokal wirksamen Kortisonpräparate mindestens so wirksam wie das klassische Kortison, aber deutlich nebenwirkungsärmer.
Das weltweit erste und bis jetzt einzige zugelassene topisch wirksame Präparat zur EoE-Therapie ist eine Budesonid-Schmelztablette (zugelassen ab 18 Jahren). Es verfügt über eine spezielle Galenik und wurde speziell für die Behandlung der EoE bei Erwachsenen entwickelt. Die Schmelztablette löst sich im Mund auf und die enthaltenen Brausekörperchen regen den Speichelfluss an. Der Speichel hat mit seinen Muzinbestandteilen adhäsive Eigenschaften und ist somit ein ideales Vehikel für den Wirkstoff, um den therapeutischen Effekt an der Ösophagusschleimhaut entfalten zu können. Mit dieser neuen Darreichungsform können hohe Remissionsraten – in der Induktionstherapie bis 90% und in der Erhaltungstherapie 75–80% – erreicht werden. Wie bei allen lokal angewandten Kortisonpräparaten sollte nach der Einnahme mindestens 30 Minuten keine Flüssigkeits- oder Nahrungsaufnahme erfolgen. Wird die topische medikamentöse Behandlung nach Erreichen der Therapieziele aber abgebrochen, tritt meistens innert Wochen bis wenigen Monaten ein Rückfall auf. Es muss deshalb eine Langzeitbehandlung geplant werden. Leider ist gegenwärtig der Erhalt einer Kostengutsprache für eine längerfristige Erhaltungstherapie (oft ist eine Dosis von 1 mg einmal täglich als Erhaltungsdosis ausreichend) mitunter schwierig und gemäss Limitatio ist zur Zeit eine Therapie von zweimal zwölf Wochen (1 mg zweimal täglich) abgedeckt.1 Bis jetzt gibt es zum Glück keine Hinweise, dass die lokal wirksamen Kortisonpräparate bei einem jahrelangen Einsatz ihre Wirkung verlieren oder zu systemischen Nebenwirkungen wie Suppression der Nebennierenachse oder Osteoporose führen. Allerdings sollte bei vulnerablen Betroffenen wie Kindern in der Wachstumsphase sowie beim längeren Einsatz hoher Dosierungen gezielt nach diesen Nebenwirkungen gesucht werden. Die Hauptnebenwirkung ist mit einer Häufigkeit von etwa 15% der Fälle ein Soorbefall in Mund, Rachen und Ösophagus, wobei dieser nur bei etwa einem Drittel der Patientinnen und Patienten Beschwerden verursacht und somit eine Therapie erfordert.

Protonenpumpenhemmer

Etwa ein Drittel aller EoE-Betroffenen sprechen sowohl klinisch als auch histologisch auch auf eine Behandlung mit Protonenpumpeninhibitoren (PPI) an. Da es keine Studien gibt, in denen die Therapie mit Plazebo verglichen wurde, lassen sich keine genaueren Aussagen zur Wirksamkeit in der Dauertherapie treffen. Die PPI sind zwar als Säureblocker, nicht aber zur Therapie der EoE zugelassen. Trotzdem können PPI dank ihres günstigen Sicherheitsprofils und ihrer Wirksamkeit bei der EoE zum Einsatz kommen, jedoch sollte bei fehlender oder ungenügender Wirksamkeit zügig auf die zuverlässigeren Therapieoptionen umgestellt werden.

Biologika

Da es bei einem kleinen Anteil der Betroffenen nicht gelingt, Beschwerden und Entzündung mit oben genannten konventionellen Präparaten befriedigend zu behandeln, wird intensiv nach weiteren nicht kortisonhaltigen Medikamenten gesucht. Die Blockade von Botenstoffen wie Interleukin-13 (IL-13) und Interleukin-4 (IL-4), die eine Schlüsselrolle beim Zustandekommen der eosinophilen Entzündung spielen, mit monoklonalen Antikörpern (Biologika) haben bisher die erfolgversprechendsten Resultate gezeigt. Aktuell werden diese Medikamente im Rahmen von Zulassungsstudien (Phase-II/III-Studien) getestet (z.B. Dupilumab [Anti-IL-4-/Anti-IL-13-Antikörper), Cendakimab [Anti-IL-13-Antikörper]).

Diäten

Die diätetischen Therapien der EoE sind theoretisch attraktiv, da sie kausal ansetzen, die beiden Therapieziele, also die Kontrolle der Symptome und die Eindämmung der Entzündung, ohne Medikamente erreichen [6].

Elementardiät

Eine völlig proteinfreie Ernährung mittels bilanzierter Aminosäurelösungen ist eine sehr wirksame Behandlung der EoE mit Remissionsraten von gut 90%. Dieser Therapieansatz liefert den Beweis, dass die EoE in den allermeisten Fällen durch Lebensmittelproteine ausgelöst wird. Leider sind diese Nährlösungen nicht gerade wohlschmeckend und zudem teuer. Die Elementardiäten werden deshalb vor allem bei schweren Formen der EoE eingesetzt. Da ein Langzeiteinsatz schwierig ist, wird, sobald die EoE unter Kontrolle ist, anschliessend ein kontrollierter Kostaufbau durchgeführt.

Allergietest-basierte Eliminationsdiät

Bezüglich der Allergietest-basierten Eliminationsdiäten stehen uns, wie schon oben erwähnt, zur Identifikation der auslösenden Allergene zurzeit leider keine verlässlichen allergologischen Tests zur Verfügung. Somit ist aktuell auch keine Allergietestung vor geplanter Diät sinnvoll.

Empirische Eliminationsdiät

Bei der empirischen Eliminationsdiät werden die hauptsächlich allergisierenden Speisen weggelassen, ohne dass die Patientin oder der Patient vorgängig allergologisch untersucht wird. Aufgrund von Studien wissen wir, dass Milch(proteine) (60%), Weizen/Gluten (50%), Nüsse (10%), Eier (10%) sowie seltener Soja und Fisch/Meeresfrüchte die häufigsten Auslöser der EoE sind. Werden alle diese sechs Lebensmittelkategorien weggelassen, bezeichnet man die Diät als 6-FED («six-food elimination diet»), die sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen eine gut 70%ige Erfolgsrate aufweist. Falls die EoE mit dieser einschneidenden Diät erfolgreich behandelt ist, wird anschliessend versucht, die einzelnen Speisekategorien unter endoskopischer Kontrolle wieder einzuführen. Mit diesem Step-down-Prinzip gelingt es letztlich, die allergisierenden Speisen zu identifizieren. Das Verfahren ist aber zeitintensiv und erfordert wiederholte Endoskopien. Eine andere Möglichkeit bietet das oft bevorzugte Step-up-Prinzip, bei dem man nur eine oder zwei Speisekategorien weglässt (1-FED respektive 2-FED), wobei sinnvollerweise die am häufigsten allergisierenden Speisen (Milch oder Weizen) ausgewählt werden. Studien zeigen, dass die Wirksamkeiten der 1-FED und der 2-FED zwischen 20 und 50% liegen.
Da es sich bei den kritischen Speisen meistens um Grundnahrungsmittel handelt, sind diätetische Behandlungen der EoE für Betroffene und Behandelnde anspruchsvoll. Sie sollten deshalb nur bei besonders motivierten Personen und mit geschulten Ernährungsberatungsfachleuten durchgeführt werden. Eine entsprechende Kontrolle der Wirksamkeit auf endoskopischem und histologischem Wege wird empfohlen. Leider kann die EoE auch mit einer Diät nicht geheilt werden, treten doch regelmässig nach erneuter Einnahme der auslösenden Speisen innert wenigen Tagen Rezidive auf.

Dilatation

Oftmals entsteht bei unbehandelter EoE über die Zeit eine Engstellung der Speiseröhre (Striktur). Falls trotz entzündungshemmender Behandlung mit Medikamenten oder Diät die Beschwerden persistieren, kann während einer Endoskopie mittels Bougierung oder Ballon eine vorsichtige Dilatation der Speiseröhre vorgenommen werden. Da der entzündliche Prozess meistens den Ösophagus in seiner ganzen Länge befällt, bevorzugen wir eine Bougierung. Die Dilatationsbehandlung ist aber immer mit einer entzündungshemmenden Basistherapie zu kombinieren.

Langzeittherapie und Compliance

Die EoE kann bisher weder durch Medikamente noch mittels Diät geheilt werden. Werden die entzündungshemmenden Therapien gestoppt, kommt es leider meistens nach wenigen Tagen bis Wochen zu einem Rezidiv der Entzündung mit darauffolgenden Beschwerden. Nach erfolgreicher Induktionstherapie ist somit eine Erhaltungsbehandlung anzuschliessen. Leider ist die Korrelation zwischen Beschwerden und histologisch/endoskopischer Aktivität schlecht, sodass auch asymptomatische EoE-Patientinnen und -Patienten einer regelmässigen endoskopischen Kontrolle bedürfen. Nach bestätigter Remission sollte eine endoskopische Kontrolle alle ein bis zwei Jahre durchgeführt werden. Abbildung 2 zeigt den empfohlenen Therapiealgorithmus.
Abbildung 2: Aktueller Therapiealgorithmus bei eosinophiler Ösophagitis.

Das Wichtigste für die Praxis

Selbst eine ausgeprägte Dysphagie kann infolge Ausweichstrategien (Vermeiden kritischer Speisen, vermehrtes Trinken zum Essen, langes Kauen) und Gewöhnung zunächst verborgen bleiben. Eine sorgfältige Anamnese mit gezielter Befragung ist deshalb von grosser Bedeutung: Beschwerden bei Aufnahme trockener Speisen? Auch wenn zeitlich knapp rasch geschluckt? Nachtrinken notwendig? Essen in Gesellschaft als Stress? Meiden bestimmter Nahrungsmittel? Fremdanamnese via Lebenspartnerin/-partner? Bekannte Dysphagie/Bolusobstruktion in der Familie?
Endoskopische Befunde sind mitunter subtil und können daher übersehen werden! Bringen Sie in Erfahrung, ob Ösophagus-Biopsien bei früheren Gastroskopien entnommen wurden. Veranlassen Sie eine Re-Endoskopie mit dezidierter Frage nach eosinophiler Ösophaagitis (EoE) bei persistierendem klinischem Verdacht.
Denken Sie auch bei unklaren retrosternalen Symptomen (Krämpfen, Druck, Schmerz, Brennen), die meistens essens- und selten anstrengungsabhängig sind, aber auch in Ruhe auftreten, besonders bei an Atopie Leidenden, an das Vorliegen einer EoE.
Personen mit einer typischen Dysphagie-Anamnese, jedoch ohne histologischen Nachweis einer Eosinophilie oder anderer organischer Dysphagie-Ursachen (z.B. Achalasie), sollten an ein spezialisiertes Zentrum überwiesen werden, um nach Sonderformen immunvermittelter Ösophagitiden suchen zu lassen.
PD Dr. med. Luc Biedermann
Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsspital Zürich, Zürich
Prof. Dr. med. Petr Hruz​
Gastroenterologie/Hepatologie, Clarunis – Universitäres Bauchzentrum Basel, Basel
Dieser Artikel wurde durch einen Zuschuss des Schweizerischen Nationalfonds unterstützt (SNF 32003B_20751/1, an A. Schoepfer).
PD Dr. med. Luc Biedermann
Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
CH-8091 Zürich
1 Arias Á, Pérez-Martínez I, Tenías JM, Lucendo AJ. Systematic review with meta-analysis: the incidence and prevalence of eosinophilic oesophagitis in children and adults in population-based studies. Aliment Pharmacol Ther. 2016;43(1):3–15.
2 Safroneeva E, Saner C, Rossel JB, Golay D, Pittet V, Godat S, et al.; Swiss EoE Cohort Study Group. Cohort Profile: The Swiss Eosinophilic Esophagitis Cohort Study (SEECS). Inflamm Intest Dis. 2018;2(3):163–70.
3 Straumann A, Katzka DA. Diagnosis and treatment of eosinophilic esophagitis. Gastroenterology. 2018;154(2):346–59.
4 Lucendo AJ, Molina-Infante J, Arias Á, von Arnim U, Bredenoord AJ, Bussmann C, et al. Guidelines on eosinophilic esophagitis: Evidence-based statements and recommendations for diagnosis and management in children and adults. United European Gastroenterol J. 2017;124:205064061668952.
5 Straumann A, Lucendo AJ, Miehlke S, Vieth M, Schlag C, Biedermann L, et al. Budesonide orodispersible tablets maintain remission in a randomized, placebo-controlled trial of patients with eosinophilic esophagitis. Gastroenterology. 2020;159(5):1672–85.e5.
6 Molina-Infante J, Lucendo AJ. Dietary therapy for eosinophilic esophagitis. J Allergy Clin Immunol. 2018;142(1):41–7.