Chlamydien als Zoonoseerreger
Eine unterschätzte Gefahr?

Chlamydien als Zoonoseerreger

Übersichtsartikel
Ausgabe
2023/16
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2023.09315
Swiss Med Forum. 2023;(16):46-49

Affiliations
a Nationales Referenzzentrum für Geflügel- und Kaninchenkrankheiten, Institut für Lebensmittelsicherheit und -hygiene, Vetsuisse Fakultät, Universität Zürich, Zürich; b Institut für Medizinische Mikrobiologie, Universität Zürich, Zürich; c Infektiologie und Spitalhygiene, Stadtspital Zürich, Zürich; d Nationales und internationales Referenzlabor für ovine Chlamydiose, Institut für Veterinärpathologie, Vetsuisse Fakultät, Universität Zürich, Zürich
* Geteilte Erstautorschaft

Publiziert am 19.04.2023

Bei an Pneumonie Erkrankten sollten neben den häufigen Erregern auch zoonotische Chlamydien in Betracht gezogen werden, vor allem bei Personen mit direktem Kontakt zu Wirtstieren. Eine Übersicht zum aktuellen Wissensstand zu den oft unterschätzten zoonotischen Chlamydien.

Einführung

Die Chlamydien gehören zu den obligat intrazellulären, gramnegativen Bakterien. Zur Vermehrung bevorzugen sie epitheliale Zellen verschiedener Gewebe, in denen sie einen zweiphasigen Entwicklungszyklus durchlaufen. Die extrazellulären, infektiösen Formen, genannt Elementarkörperchen («elementary bodies» [EBs]), heften sich dabei an Zellen an und gelangen rezeptorvermittelt ins Zytoplasma, wo sie sich – in einem Vakuolen-ähnlichen Einschluss residierend – der Phagozytose der Zelle entziehen können. In diesem Einschluss wandeln sich die EBs zu den intrazellulären, nichtinfektiösen, aber teilungsfähigen Retikularkörperchen («reticular bodies» [RBs]). Die Vermehrung der RBs durch Teilung führt zum Wachstum des Chlamydieneinschlusses in der Zelle. Letztlich differenzieren sich die RBs wieder zu EBs und es kommt zur Ruptur des Einschlusses mit gleichzeitiger Lyse der infizierten Zelle. Die freigesetzten infektiösen EBs können wiederum neue Zellen infizieren.
Die human- und veterinärmedizinisch relevanten Chlamydienspezies gehören zur Familie Chlamydiaceae. Das Genus Chlamydia (C.) umfasst aktuell 14 anerkannten Spezies. Einige Vertreter dieses Genus haben ein sehr enges Wirtsspektrum wie zum Beispiel C. trachomatis beim Menschen oder C. felis bei der Katze. Andere wie etwa C. pneumoniae wiederum können den Menschen und viele verschiedene Tierarten infizieren oder – wie C. psittaci (Tab. 1) – sogar einen Wirtswechsel vollziehen. Chlamydien kommen weltweit vor, weisen aber unterschiedliche geographische Verteilungsmuster auf.
Tabelle 1: Chlamydienspezies mit nachgewiesenem zoonotischen Potentiala
SpeziesHauptwirte und (Nebenwirte)Klinische Manifestion HauptwirteÜbertragung auf den MenschenKlinische Manifestation MenschUntersuchungsmaterial Menschb
Chlamydia psittacicVögel

(Pferd)
Konjunktivitis, (atypische) Pneumonie, Enteritis, Hepatitis
Abort, Pneumonie
InhalationVon grippeähnlichen Symptomen bis zu schweren systemischen Erkrankungen, atypische PneumonieBAL
Chlamydia abortuscSchaf, Ziege (Rind, Schwein, Pferd)Abort, Totgeburt, lebensschwache JungtiereInhalation, IngestionAbort, atypische PneumonieBAL,Abortmaterial
Chlamydia caviaeMeerschweinchen (Pferd)Konjunktivitis, Keratitis, PneumonieDirekter KontaktKonjunktivitis, atypische PneumonieBAL
Chlamydia felisKatzeKonjunktivitis, RhinitisDirekter Kontakt(Kerato-)KonjunktivitisKT
a Auflistung absteigend nach zoonotischer Bedeutung; adaptiert nach [1].
b BAL: bronchoalveoläre Lavage; KT: Konjunktivaltupfer
c In der Schweiz anzeigepflichtige Tierseuchen gemäss Tierseuchenverordnung (https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1995/3716_3716_3716/de). Die anerkannten veterinärmedizinischen Laboratorien müssen positive Befunde den Kantonalen Veterinärämtern melden, die wiederum das Bundesamt für Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit (BLV) informieren.
Die wichtigsten humanpathogenen Chlamydienspezies sind C. trachomatis und C. pneumoniae. C.-trachomatis-Serotypen D–L sind verantwortlich für die am häufigsten vorkommenden sexuell übertragbaren bakteriellen Infektionen, mit hoher Prävalenz auch in der Schweiz. C.-trachomatis-Serotypen A–C verursachen das Trachom. Dieses Krankheitsbild ist die häufigste Ursache für infektiös bedingte Erblindung in (sub)tropischen Regionen, kommt in der Schweiz aber nicht vor. C. pneumoniae schliesslich verursacht Infektionen des Respirationstraktes («community-acquired pneumonia» [CAP]) und wird gemeinhin zu der Erregergruppe der «atypischen» Pneumonien gezählt.
Zoonotisch bedingte Chlamydieninfektionen durch C. psittaci (die sogenannte Psittakose oder Ornithose), C. abortus oder C. caviae können sich ebenfalls als CAP manifestieren. Die Diagnose einer CAP wird häufig klinisch und radiologisch, nicht aber mikrobiologisch gestellt, was wiederum mit dem meist gutartigen Verlauf einer CAP unter entsprechend empirisch etablierter Therapie zusammenhängt. Daher ist von einer relevanten Dunkelziffer zoonotischer Erreger als Ursache für CAP auszugehen. Die Frage nach direktem Kontakt zu Wirtstieren sollte deshalb in der Patientenanamnese erhoben werden.
Dieser Übersichtsartikel soll Klinikerinnen und Klinikern einen Überblick über die zoonotisch relevanten Chlamydienspezies vermitteln (basierend auf [1, 2]).

Chlamydien mit bestätigtem Zoonosepotential

Die vier zoonotischen Chlamydienspezies sind in Tabelle 1 zusammengefasst. C. pneumoniae fehlt in der Auflistung: Vermutlich ist dieser Erreger in der Vergangenheit vom Tier auf den Menschen übergesprungen und hat sich dort etabliert. Für die aktuell bei verschiedenen Tierarten zirkulierenden Stämme konnte bis jetzt jedoch noch kein direktes Zoonosepotential nachgewiesen werden. C. pneumoniae hat also vermutlich einen zoonotischen Ursprung, aber die Übertragung erfolgt heutzutage von Mensch zu Mensch. Zoonotische Infektionen durch C. psittaci und C. abortus sind seit langer Zeit gut bekannt und in der Schweiz meldepflichtige Tierseuchen (Tab. 1). Infektionen mit C. caviae und C. felis sind vergleichsweise selten, haben aber insofern Relevanz, da Katzen und Meerschweinchen beliebte Heimtiere sind. Die minimal infektiöse Dosis ist für alle zoonotischen Chlamydien unbekannt. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch direkten Tierkontakt oder Inhalation/Ingestion von erregerhaltigem Material (Tab. 1). Da die infektiösen EBs aber vor allem in trockener und kühler Umgebung mit wenig Sonneneinstrahlung Wochen bis Monate überleben können, kann auch eine indirekte Übertragung auf Mensch und Tier eine Rolle spielen, beispielsweise über Staub, Futter, Kleider oder Gegenstände.

Chlamydia psittaci

Der Erreger der Psittakose/Ornithose kommt weltweit bei mehr als 460 freilebenden oder in Gefangenschaft gehaltenen Vogelarten vor. Verschiedene Genotypen von C. psittaci kommen bei unterschiedlichen Vogelarten vor, zum Beispiel Genotyp A vorwiegend bei Papageienartigen (Psittaziden), B bei Tauben und C bei Wassergeflügel [3]. Zwar haben alle Genotypen von C. psittaci zoonotisches Potential, aber Genotyp A wird am häufigsten in Zusammenhang mit atypischen Pneumonien beim Menschen identifiziert [4]. Als Ansteckungsquelle für den Menschen sind Ziervögel (vor allem Psittaziden), Strassen- und Hobbytauben von Bedeutung sowie ausserhalb der Schweiz auch Nutzgeflügel wie Hühner, Truten und Enten.
Die Infektion erfolgt meistens über Inhalation von erregerhaltigem Material nach direktem Tierkontakt oder von Staub von Federn oder eingetrocknetem Kot. Problematisch ist hierbei, dass Vögel oftmals keine offensichtlichen klinischen Anzeichen zeigen und deshalb nicht als infiziert erkannt werden. Besonders gefährdet sind Vögel haltende Personen, Tierärztinnen und -ärzte, Mitarbeitende von Zoohandlungen oder Vogelauffangstationen sowie Schlachthofpersonal (vor allem im Ausland).
Zoonotische Infektionen gehen meist mit milden respiratorischen Symptomen einher, können in schweren Fällen aber auch Fieber, eine Pneumonie, Myokarditis, Enzephalitis und Splenomegalie hervorrufen, einschliesslich Hospitalisierung und intensivmedizinischer Massnahmen. Im Einzelfall verlaufen C.-psittaci-Infektionen tödlich, wie im kürzlich beschriebenen Fall eines Schweizer Ziervogelhalters, der sich an erkrankten Tieren seines Bestandes infizierte und innerhalb von elf Tagen nach Auftreten erster Symptome verstarb. Die klinischen Befunde und weiterführenden Untersuchungen dieses Psittakosefalles wurden ausführlich in einem Fallbericht im Swiss Medical Weekly beschrieben [5].
Neben Vögeln müssen auch Pferde, die sich infolge der Aufnahme von Vogelkot mit C. psittaci infizieren, in der Infektionskette zur Übertragung des Erregers auf den Menschen berücksichtigt werden: In Australien erlitten Tierärztinnen und -ärzte und Tierpflegepersonal mit Kontakt zu Abortmaterial erkrankter Stuten Pneumonien. Vergleichbare zoonotische Infektionen wurden bislang in Europa jedoch noch nicht beschrieben und Pferdeaborte durch C. psittaci sind in der Schweiz generell selten [6].
Da für zoonotische C.-psittaci-Infektionen in vielen europäischen Ländern keine amtliche Meldepflicht (mehr) besteht, sind zuverlässige Fallzahlen lückenhaft. In Deutschland wurden zwischen 1995 und 2000 790 Fälle registriert, in Grossbritannien 587 Fälle von 1977 bis 1979 und über 300 Fälle jährlich von 1980 bis 1983. In den USA wurden von 1988 bis 1998 813 Fälle vermeldet [7]. Australien erfasste 1687 Fälle beim Menschen von 2001 bis 2014, das sind durchschnittlich 0,5 Fälle pro 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner, wobei Männer und Personen über 40 Jahre stärker vertreten waren [8]. Eine kürzlich durchgeführte Literaturanalyse schätzt, dass 1% der CAP in der Humanmedizin durch C. psittaci bedingt sind [9].

Chlamydia abortus

In der Schweiz sind C.-abortus-Infektionen als häufigste infektiöse Ursache von Verwerfen für 20–30% der Schaf- und Ziegenaborte verantwortlich, mit einer Häufung in den Kantonen Graubünden und Tessin. Bei Schafen und Ziegen verläuft die Infektion in aller Regel ohne klinische Anzeichen; sie manifestiert sich bei trächtigen Tieren in Form eines Spätaborts in den letzten 2–3 Wochen der Trächtigkeit oder Geburten von toten oder lebensschwachen Jungtieren. Die Muttertiere entwickeln nach der Infektion eine belastbare Immunität. Zur Prophylaxe ist in der Schweiz ein Totimpfstoff zugelassen, der aber nicht flächendeckend eingesetzt wird.
Mit der Plazenta und dem Fruchtwasser scheiden Muttertiere den Erreger massenhaft aus. Die Übertragung erfolgt horizontal mittels Ingestion, seltener Inhalation, oder indirekt. Die von C. abortus ausgehende Zoonosegefahr betrifft vor allem schwangere Frauen nach Kontakt mit infizierten Schafen oder Ziegen. Insbesondere Tierhalterinnen, die Geburtshilfe leisten, sind gefährdet und können eine Pneumonie oder selbst einen Abort erleiden [10]. C. abortus besiedelt nach Aufnahme die Plazenta und führt bei der schwangeren Frau initial zu unspezifischen Symptomen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Unwohlsein und Erbrechen sowie zu Unterbauchbeschwerden, die den Abort einleiten. Da in den meisten Fällen die Erstdiagnose einer Infektion mit C. abortus nicht gestellt wird, ergeben sich dramatische Verläufe mit schweren respiratorischen Symptomen, die eine künstliche Beatmung nötig machen, akutem Nierenversagen und disseminierter intravasaler Gerinnung. Erst kürzlich wurde bei einer schwangeren Schweizer Landwirtin nach einem initialen COVID-19-Verdacht eine durch C. abortus verursachte Pneumonie nachgewiesen. Die erweiterte Anamnese hatte ergeben, dass die Patientin in Kontakt mit Totgeburten der eigenen Ziegen gekommen war [5].
Das weltweite Vorkommen solcher zoonotischen Infektionen ist nicht bekannt, da die meisten Fälle ungeklärt bleiben und nicht meldepflichtig sind. Schwangere Frauen sollten unbedingt den Kontakt zu kleinen Wiederkäuern, insbesondere während der Ablammsaison, vermeiden. Ein Merkblatt zum Chlamydienabort bei Schaf und Ziege ist beim Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer (BGK) in drei Landessprachen erhältlich (https://www.kleinwiederkäuer.ch).

Chlamydia caviae

C. caviae infiziert Meerschweinchen und führt bei diesen vorwiegend zu Konjunktivitis, kann aber auch Rhinitis, Pneumonie oder Aborte auslösen. In der Schweiz wurde 2016 eine zoonotische Infektion mit milder Konjunktivitis und serösem Augenausfluss bei einem Meerschweinchenbesitzer, dessen Tierbestand mit C. caviae infiziert war, beschrieben [11]. Bei klinisch gesunden Meerschweinchen kommt C. caviae in der Schweiz aber äusserst selten vor (Prävalenz 2,3%) [12]. Zwischen 2013 und 2018 wurde in den Niederlanden erstmals von drei unabhängigen CAP-Fällen nach Kontakt mit C.-caviae-infizierten Meerschweinchen berichtet [13]. Die Sequenzierung des ompA-Gens aus Proben der Tierbesitzerinnen und -besitzer und den entsprechenden Meerschweinchen bewies eine direkte Übertragung. Die Symptomatik bestand aus Fieber, Malaise, Husten, Kopf- und Gliederschmerzen, in zwei der drei Fälle war sogar eine Beatmung notwendig. Die Infektion konnte bei allen drei Erkrankten erfolgreich mit Doxyzyklin behandelt werden.

Chlamydia felis

C. felis ist ein weltweit vorkommender zoonotischer Erreger von Konjunktividen, vor allem bei jüngeren Katzen. In der Schweiz kommt C. felis bei knapp 20% der streunenden Katzen vor, die weltweite Prävalenz bei klinisch gesunden Hauskatzen schwankt zwischen 0–10% [14]. Eine Impfung gegen C. felis ist in der Schweiz zugelassen, eine Behandlung erfolgt mit Doxyzyklin.
Ein erster Fallbericht einer zoonotischen Übertragung stammt aus dem Jahr 1969, wobei ein Katzenbesitzer nach engem Kontakt mit seiner infizierten Katze an einer follikulären Keratokonjunktivitis erkrankte. Ein weiterer Bericht dokumentiert eine chronische Konjunktivitis bei einem HIV-positiven Patienten nach Adoption eines erkrankten Katzenwelpen. Schwere Verläufe oder gar Pneumonien sind jedoch bis dato nicht beschrieben und das Risiko einer zoonotischen Infektion erscheint eher gering [15]. Trotzdem ist beim Umgang mit erkrankten, nicht geimpften Haus- und vor allem Streunerkatzen Vorsicht geboten.

Diagnostische Aspekte

Die meisten CAP-Fälle werden durch Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, Staphylococcus aureus sowie Mycoplasma pneumoniae verursacht. Legionellen, Coxiellen und Chlamydien sind seltenere Ursachen einer CAP. Eine rein virale Ätiologie (zum Beispiel Influenza-, Adeno-, respiratorisches Synzytial- [RSV], Metapneumovirus) besteht je nach Saison bei etwa +/- 10% der CAP, allerdings bezieht sich diese Zahl auf die Vor-COVID-19-Ära.
Die routinemässige Abnahme mikrobiologischer Proben (Blut- und Sputumkulturen, Legionellen-Antigen im Urin, Nasopharyngealabstrich) bei ambulanten Patientinnen und Patienten wird von internationalen sowie schweizerischen Fachgesellschaften nicht empfohlen, da sie das klinische Management in der Regel nicht beeinflussen. Deshalb besteht in der realen Prävalenz von Chlamydien als Erreger einer CAP beim Menschen sicherlich eine Dunkelziffer. Während die veterinärmedizinische Diagnostik eine Vielzahl von Methoden zum speziesspezifischen Nachweis der zoonotischen Chlamydien einsetzt, beschränkt sich das Analysenspektrum im humanmedizinischen Kontext zumeist auf C. psittaci bei Ornithoseverdacht. Neben serologischen Assays (Mikro-Immunofluoreszenz) werden vor allem C.-psittaci-spezifische Untersuchungen mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) zum Erregernachweis eingesetzt. Der speziesspezifische Nachweis von C. abortus und C. caviae aus humanen Proben erfolgt ebenfalls mittels PCR, wird aber nur von wenigen nicht veterinärmedizinischen Speziallabors angeboten. In Tabelle 2 sind einige dieser PCR-basierten Verfahren kurz zusammengefasst.
Nach klinischer und radiologischer Diagnosestellung wird eine CAP in der Regel empirisch antibiotisch behandelt. Hierbei orientiert man sich an individuellen Risikofaktoren, allfälligen Expositionsgeschehnissen (Vogelhaltung? Kontakt zu kleinen Wiederkäuern? Andere Wirtstiere?) sowie am Schweregrad der CAP. Liegen Risikofaktoren vor, bestehen Hinweise auf eine Legionellen-Pneumonie oder handelt es sich um eine schwere CAP, wird als First-Line-Therapie zum Betalaktam-Antibiotikum (1. Wahl: Amoxicillin p.o.) zusätzlich ein Makrolid (Clarithromycin) empfohlen. In der Regel sind Infektionen mit zoonotischen Chlamydien gut therapierbar und Resistenzen sind bei humanmedizinisch relevanten Spezies bisher nicht beschrieben worden.
Tabelle 2: Ausgewählte real-time PCR-Methoden zum Nachweis von zoonotischen Chlamydienspezies
ReferenzenTargetDetektierte Chlamydienspezies Testspezifikationen
  C. psittaciC. abortusC. caviaeC. felis 
[16]ompA1xxxx4 spezifische Singleplex-PCRs
C. psittaci: keine Detektion von Genotyp M56
[17]CPSIT_RS035052x   Detektion aller Genotypen
[18]PCR 1 = 16S-23S
rRNA operon
PCR 2= CPSIT_06072
xx  Duplex PCR: PCR 1 detektiert C. psittaci und C. abortusohne deren Differenzierung; PCR 2 detektiert C. psittaci. Keine Detektion von C.-psittaci-Genotypen M56 und teilweise E/B. Die Interpretation «C. abortus positiv» bei negativem Ergebnis in PCR 2 erfolgt aufgrund von Wirtsspezifität und Gewebetropismus.
[5]rpoB3xxx Identifikation mittels Amplifikation eines rpoB-Fragments und anschliessende Speziesdifferenzierung durch Schmelzkurvenanalyse
1 outer membrane protein A; 2 C.-psittaci-spezifisches Gen unbekannter Funktion; 3 β-Untereinheit der RNA-Polymerase.

Fazit

Es ist davon auszugehen, dass die Häufigkeit und Bedeutung von Chlamydien-bedingten zoonotischen Infektionen generell unterschätzt werden und die wissenschaftlich publizierten Fälle nur die «Spitze des Eisberges» darstellen. In der Veterinärmedizin ist die aviäre Chlamydiose (C. psittaci) und der Chlamydienabort bei Schaf und Ziege meldepflichtig, in der Humanmedizin jedoch nur Infektionen mit C. trachomatis. Eine vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) festgelegte Meldepflicht von zoonotischen Chlamydieninfektionen wäre wünschenswert. Die Bedeutung von Zoonosen ist unbestritten und benötigt eine verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Human- und Veterinärmedizin im Sinne von «One Health». Ein entsprechender Ansatz wurde in den Niederlanden als Folge verbreiteter Q-Fieber-Ausbrüche (Coxiella burnetii) in den Jahren 2007 bis 2010 eingeleitet. Mittels einer webbasierten Plattform wurden epidemiologische, klinische und molekulare Daten von Psittakosefällen bei Menschen und Tieren registriert. Diese Plattform ermöglichte einen unkomplizierten und raschen Datenaustausch, der zur Ausbruchsklärung beitrug. So konnten Chlamydien-positive, aber C.-psittaci-negative CAP-Fälle weiterführend abgeklärt werden, was zur Beschreibung der oben genannte humanen C.-caviae-Fälle führte.

Das Wichtigste für die Praxis

Chlamydia (C.) psittaci und C. abortus sind wichtige Zoonoseerreger und können zu atypischen Pneumonien (beide Spezies) und Aborten (C. abortus) führen.
Auch Meerschweinchen (C. caviae) und Katzen (C. felis) können zoonotisch relevante Chlamydien übertragen.
Die zoonotisch relevanten Chlamydien werden nicht routinemässig im Humanlabor untersucht.
Bei ungeklärten Pneumoniefällen sollte anamnestisch Tierkontakt erfragt werden: C. psittaci, C. abortus und C. caviae kommen als atypische Erreger von «community-acquired pneumonia» [CAP] differentialdiagnostisch infrage.
In Sinne von «One Health» ist die enge Zusammenarbeit von Expertinnen und Experten aus der Human- und Veterinärmedizin zur Aufklärung von zoonotischen Infektionen unabdingbar.
Dr. med. vet. Sarah Albini
Nationales Referenzzentrum für Geflügel- und Kaninchenkrankheiten, Institut für Lebensmittelsicherheit und -hygiene, Vetsuisse Fakultät, Universität Zürich
Die Autoren haben deklariert, keine potentiellen Interessenskonflikte zu haben.
Dr. med. vet. Sarah Albini
Nationales Referenzzentrum für Geflügel- und Kaninchenkrankheiten
Institut für Lebensmittelsicherheit und -hygiene
Vetsuisse Fakultät
Universität Zürich
Winterthurerstrasse 270
CH-8057 Zürich
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