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Hintergrund
Das Elastofibrom respektive Elastofibroma dorsi ist ein gutartiger Tumor mit einer typischen subskapulären beziehungsweise infraskapulären Lage bei meist älteren Patienten. Dank dem charakteristischen klinischen und radiologischen Bild gestaltet sich die Diagnosestellung bei dieser Entität häufig recht einfach. Dennoch, weil dieser Tumor weiterhin und möglicherweise zu Unrecht als selten gilt, bleibt er relativ unbekannt. In dieser Veröffentlichung präsentieren wir den Fall eines bilateralen Elastofibroms samt kurzer Übersicht der relevanten Literatur.
Fallbericht
Anamnese
2013 stellte sich die damals 65-jährige Patientin zum ersten Mal wegen eines bereits seit einem Jahr bestehenden, störenden Tumors im Bereich der linken Skapula vor, den sie bei Mobilisation des Armes luxieren konnte.
Status
Bei der Untersuchung fand sich eine leicht nach dorsal abstehende Skapulaspitze und nach der Überkopfbewegung des linken Armes ein 7 cm messender Tumor, lateral der Spitze gelegen, der weich und gut verschieblich war. Die Patientin fand den Befund mechanisch irritierend. Von einer erheblichen Grössenprogredienz berichtete sie nicht.
Befunde, Diagnose und Therapie
Radiologisch zeigte sich eine heterogene Masse mit inhomogenem Kontrastmittel-Enhancement und einem engen Bezug zum Musculus serratus anterior. Nachdem zunächst der Verdacht auf ein Sarkom geäussert wurde, erklärte man den radiologischen Befund bei erneuter Durchsicht der Aufnahmen für mit einem Elastofibrom vereinbar. Es erfolgte eine elektive chirurgische Entfernung (Ausschälung) des Tumors. Die histopathologische Untersuchung bestätigte den radiologischen Verdacht eines Elastofibroma dorsi.
Knapp zwei Wochen nach der operativen Behandlung musste ein Serom an der Operationsstelle drainiert werden. Nach sechs Jahren gab es keine Zeichen eines möglichen Rezidivs des Tumors.
Verlauf
2019 wurde die Patientin erneut aufgrund eines seit fast einem Jahr bestehenden, störenden Tumors vorstellig, der sich diesmal in der Nähe der rechtsseitigen Skapulaspitze befand. Wie beim ersten Mal war der Tumor weich und verschieblich und konnte bei der Elevation des Armes gut luxiert respektive dargestellt werden (besonders gut bei der Elevation über 135 Grad). Das Magnetresonanztomogramm (MRT) zeigte eine unscharf umschriebene, hypointense Raumforderung mit Verdacht auf einen atypischen lipomatösen Tumor beziehungsweise ein Lipom. Die Möglichkeit eines Elastofibroms wurde in der radiologischen Differentialdiagnose nicht erwähnt.
Es erfolgte wiederum die chirurgische Entfernung des Tumors. Makroskopisch zeigte sich der resezierte Tumor prall-elastisch, auf den Schnittflächen heterogen, teils fibrotisch, teils von fettgewebsartigen Streifen durchzogen. Die histopathologische Untersuchung ergab das typische Bild eines Elastofibroms.
Bei einer Kontrolle eine Woche später musste ein Serom an der Operationsstelle drainiert werden. Ansonsten ging es der Patientin postoperativ gut.
Diskussion
Das Elastofibrom wurde zum ersten Mal im Jahr 1961 von Järvi und Saxen beschrieben [1, 2]. Es kommt vor allem bei älteren Patienten vor mit einem Durchschnittsalter um das 65.–70. Lebensjahr und tritt deutlich häufiger bei weiblichen Patienten auf [3–5].
99% der Tumoren haben eine typische Lage in der Nähe der Skapulaspitze respektive infraskapulär, zwischen der Thoraxwand, den Musculi serratus anterior und latissimus dorsi [1, 5]. Deswegen wird der Tumor auch als Elastofibroma dorsi bezeichnet. Der Tumor scheint etwas häufiger auf der rechten Seite vorzukommen und kann in bis zu 50% der Fälle bilateral sein [5–7]. Es wurden auch einzelne seltene Fälle von Elastofibromen an anderen Lokalisationen beschrieben, unter anderem am Fuss, an der Tuberositas ischiadica, in der Augenhöhle, im Mediastinum, im Magen und Omentum majus [1, 7].
Obwohl das Elastofibrom auch an der typischen Lage eher als eine Seltenheit gilt, haben einige Studien gezeigt, dass die Häufigkeit dieser Entität offenbar unterschätzt wird. In einer Autopsiestudie von Järvi et al. aus den 70er Jahren wurden 235 Verstorbene untersucht. Dabei wurden bei 24% der untersuchten Frauen und bei 11% der Männer Veränderungen im Sinne eines Elastofibroma dorsi an der typischen skapulären Lage festgestellt [6]. Eine radiologische Studie von Brandser et al., in der 258 ältere Patienten aus anderen Gründen mittels Computertomographie (CT) untersucht wurden, zeigte eine Prävalenz von typischen radiologischen Veränderungen im Sinne von Elastofibromen von 2% [4]. Eine ähnliche radiologische Studie mit 4074 Patienten aus dem Jahr 2019 wies auf eine ähnliche Häufigkeit von 2,73% hin [5]. Dies legt nahe, dass die meisten Elastofibrome einen asymptomatischen Verlauf haben. Zu den möglichen Beschwerden in symptomatischen Fällen gehören eine Schwellung und das Gefühl einer mechanischen Störung insbesondere bei der Abduktion des Armes, ein Schnappen des Schulterblattes (als «snapping» oder «clicking» in der englischsprachigen Literatur beschrieben) und Schmerz [1, 8, 9].
Radiologisch zeigen sich Elastofibrome computer- und magnetresonanztomographisch meist als heterogene Masse. Sie weisen eine ähnliche Attenuation beziehungsweise Signalintensität wie Skelettmuskulatur auf, durchzogen von hypodensen respektiv hyperintensen Streifen, die dem Fettgewebe entsprechen (Abb. 1).

Abbildung 1 : Magnetresonanztomogramm (Axialschnitt): Darstellung des ersten Tumors mit einer heterogenen Masse (Pfeil) mit einem Nebeneinander von gestreift angeordneten Komponenten unterschiedlicher Intensität.
Eine Minderzahl von Elastofibromen, insbesondere die kleineren Läsionen, kann auch ein homogenes Bild aufweisen, wenn der Gehalt an Fett gering ist [3, 4]. In der MRT-Untersuchung ist die Signalintensität ähnlich wie diejenige der Skelettmuskulatur, sowohl in der T1- als auch in der T2-Wichtung [3]. Die Läsionen zeigen sich eher schlecht abgegrenzt in der CT-Untersuchung, MR-tomographisch kann die Grenze der Läsion besser dargestellt werden [4]. Die MRT gilt als Methode der Wahl bei der Diagnosestellung [1]. Herkömmliche Röntgenaufnahmen zeigen meistens keine Veränderungen, ausser in manchen Fällen, wenn der Tumor eine Anhebung des Schulterblattes verursacht hat [7]. Eine sehr nützliche radiologische Eigenschaft von Elastofibromen ist die häufige Bilateralität der Tumoren [9, 10]. Laut einer Veröffentlichung von Onishi et al. zeigen Elastofibrome in der FDG-PET-Untersuchung überraschenderweise trotz gutartiger Dignität häufig nicht geringe, sondern moderate Aufnahmewerte [11]. Die Differentialdiagnose eines Elastofibroms umfasst Lipome, Liposarkome, Hämangiome, Fibrome, Fibrolipome, Fibromatosen sowie Hämatome [3].
In Fällen mit einem typischen radiologischen Bild halten viele Autoren die Bildgebung für ausreichend zur Diagnosestellung, ohne Bestätigung durch eine Biopsie [10]. Dies gilt insbesondere für bilaterale Fälle. Einige andere hingegen bestehen auf einer Biopsie bei jedem Verdacht auf diese Entität [9].
Als chirurgisches Verfahren der Wahl wird eine lokale Exzision («marginal excision») empfohlen [7, 9]. Die operative Behandlung wird jedoch nur in symptomatischen Fällen empfohlen [7, 8], unter anderem wegen des relativ häufigen Auftretens von Komplikationen in Form eines postoperativen Seroms oder Hämatoms. Die Häufigkeit von postoperativen Seromen betrug in einigen Studien, in denen der postoperative Verlauf analysiert wurde, 40% oder mehr. Diese konnten jedoch bei der postoperativen Kontrolle meist erfolgreich drainiert werden. Massnahmen zur Verringerung der postoperativen Komplikationsrate, wie Immobilisierung der Extremität und Drainage, wurden zwar vorgeschlagen, jedoch fehlen einheitliche Richtlinien zur postoperativen Behandlung aufgrund der relativen Seltenheit dieses Tumors [7, 8, 12]. Postoperative Rezidive des Tumors sind selten und eine maligne Transformation wurde nie beschrieben [7].
Bei der histopathologischen Untersuchung stellt sich der Tumor makroskopisch als eine irreguläre, schlecht abgegrenzte fibroelastische Masse dar, mit prall-elastischer Konsistenz und ohne Kapsel. Die Schnittfläche weist häufig ein Nebeneinander von hellengrauen fibrotischen und gelblichen fettgewebigen Streifen auf (Abb. 2).

Abbildung 2: Makroskopisches Präparat: Schnittflächen des zweiten Tumors mit einem Nebeneinander von fibrotischen (hellgrau) und fettgewebsartigen (gelb) Streifen.
Mikroskopisch erkennt man grosse und dicke elastische Fasern innerhalb Zonen von zellarmem fibrotischem Gewebe [1, 13]. Die elastischen Fasern liegen zum Teil in kleinen diskoidalen respektive globulären Fragmenten vor und sind teils «perlschnurartig» angeordnet. In der herkömmlichen Hämatoxylin-Eosin-Färbung sind die Fasern eosinophil beziehungsweise rötlich. Sie können jedoch eindrücklich in einer Spezialfärbung für elastische Fasern, wie Elastica-van-Gieson respektive Verhoeff-van-Gieson, dargestellt werden (Abb. 3). Neben den fibrotischen Arealen mit den elastischen Fasern findet sich auch reifzelliges Fettgewebe [1, 13].

Abbildung 3: Mikroskopische Aufnahme des ersten Tumors (Elastica-van-Gieson-Färbung, 20× Vergrösserung) mit groben, schwarz gefärbten elastischen Fasern, teils länglich, teils in Form von Globuli (weisse Pfeile) innerhalb von fibrotischem Bindegewebe nebst Fettgewebe (gelber Pfeil).
Die genaue Pathogenese der Elastofibrome ist zwar unklar, es wird jedoch angenommen, dass einige Fälle einen Zusammenhang mit schwerer körperlicher Arbeit mit hoher Beanspruchung des Schultergürtels haben [1, 6, 8]. Dementsprechend wurde postuliert, dass Elastofibrome durch degenerative Prozesse entstehen infolge wiederholter mechanischer Belastung. Dies würde bedeuten, dass es sich bei dieser Entität eher um einen Pseudotumor handelt [6, 14]. Andere Autoren hingegen weisen auf die Möglichkeit einer aktiven Synthese von elastischen Fasern innerhalb des Tumors als wichtigen Faktor in dessen Entstehung hin [15]. Die Anamnese für schwere körperliche Arbeit war bei unserer Patientin negativ.
Das Wichtigste für die Praxis
• Ätiologie: Elastofibrome treten meist bei älteren Patienten um das 70. Lebensjahr auf, häufiger bei Frauen.
• Lage: 99% der Fälle haben eine typische subskapuläre Lage. Die Tumoren sind häufig bilateral.
• Symptomatik: lokale Symptome, viele Tumoren sind asymptomatisch.
• Bildgebung: Die Magnetresonanztomographie ist das Verfahren der Wahl. Die Radiologie ist in vielen Fällen ausreichend für die Diagnose.
• Behandlung: lokale Exzision aber nur in symptomatischen Fällen; postoperative Serome treten recht häufig auf.
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Korrespondenz:
Jan Pojda, dipl. Arzt
Institut für Pathologie
Luzerner Kantonsspital
Spitalstrasse
CH-6000 Luzern
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