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Motoneuronenerkrankungen
Motoneuronenerkrankungen kommen weltweit vor. In den reicheren Ländern liegt die Prävalenz bei 12−15 Fällen pro 100 000 Personen (etwa so hoch wie beim Glioblastom).
Es wird eine Zunahme der Inzidenz in den nächsten 20 Jahren um mehr als 30% erwartet.
Drei Formen werden unterschieden: amyotrophe Lateralsklerose (ALS, 85%) mit einer Kombination von Befällen des oberen und unteren Motorneurons, primäre Lateralsklerose mit Befall des oberen Motoneurons (und ausgeprägter Spastizität) sowie die primäre Muskelatrophie mit Befall des unteren Motoneurons (Muskelatrophien und schlaffe Paresen).
Die ALS präsentiert sich typischerweise mit schmerzlosen, progredienten, initial lokalisierten Paresen bei gesteigerten Muskeleigenreflexen und Fibrillationen (letztere sind vor allem proximal am besten erkennbar).
Kognitive und Verhaltensstörungen sind häufig.
In 30% der Fälle liegt bei Präsentation eine bulbäre Form mit progredienter Dysphagie und Dysarthrie vor.
Bei Zungenatrophie und gesteigertem Masseter-Reflex sollte an die ALS gedacht werden.
Eine Atrophie zwischen Phalanx des Daumens und des Zeigefingers (dorsale Ansicht) sowie des Thenars im Vergleich zum Hypothenar (palmare Ansicht) ist 95% spezifisch für eine ALS (sogenanntes «split hand sign»).
Es gibt einige ALS-Imitatoren, weshalb eine frühe fachärztliche neurologische Betreuung inklusive situativ zu indizierender bildgebender Verfahren (spinale und Gehirn-Magnetresonanztomographie) und neurophysiologischer/myographischer Abklärungen wichtig sind.
BMJ. 2022,
doi.org/10.1136/bmj-2022-073857. Verfasst am 26.11.2022.