Nicht immer nur eine parainfektiöse Genese

Nicht immer nur eine parainfektiöse Genese

Fallberichte Online
Édition
2022/00
DOI:
https://doi.org/10.4414/smf.2022.08880
Swiss Med Forum. 2022;22(00):

Publié le 01.01.2022

Unser Fall zeigt eine selten dokumentierte Hypersensitivitätsreaktion auf Ibuprofen, die sich klinisch als Erythema exsudativum multiforme präsentierte.

 

Erythema exsudativum multiforme

Hintergrund



Ibuprofen und andere nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) werden sehr breit im klinischen Alltag eingesetzt. Als Nebenwirkungen auf der Haut sind Exantheme, «rash» (engl. Hautausschlag) und Urtikaria, Purpura, Angioödeme, Fotosensitivitätsreaktionen, schwere kutane Reaktionen wie Erythema exsudativum multiforme, das Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) oder die toxische epidermale Nekrolyse (TEN) beschrieben worden.
Häufigkeiten, mit der Nebenwirkungen an der Haut auftreten:
  • Exantheme treten gemäss Compendium.ch® (https://compendium.ch/; Swissmedic-genehmigte Fachinformation) mit ≥1/100 und <1/10 häufig auf. 
  • «Rash» tritt gemäss Litt's Drug Eruption & Reaction Manual (Neil H. Shear, Litt's Drug Eruption and Reaction Manual, 23rd Edition, 2019) in >10% auf.
  • Urtikaria ist mit ≥1/10.000 und <1/1000 selten gemäss Compendium; Urtikaria auf Ibuprofen tritt gemäss Litt's in >10% auf.
  • Angioödem auf Ibuprofen tritt gemäss Litt's in <1% auf. 
Unser Fall zeigt eine selten dokumentierte Hypersensitivitätsreaktion auf Ibuprofen, die sich klinisch als Erythema exsudativum multiforme präsentierte.

Fallbericht

Anamnese


Die Zuweisung einer 35-jährigen, bislang gesunden Patientin erfolgte bei schmerzhaften enoralen Läsionen. Die Patientin berichtete, dass sie aufgrund von Halsschmerzen Ibuprofen eingenommen habe. Drei Tage später suchte die Patientin den Hausarzt wegen neu aufgetretener, schmerzhafter enoraler und genitaler Aphthen auf. Bei Verdacht auf eine Herpes-simplex-Virus-Infektion (HSV-Infektion) wurde die bisherige Therapie auf Valtrex® (Valaciclovir, 2×500 mg/d), Zovirax labial® (Aciclovir) und Angina MCC® (Cetylpyridin/Lidocain) ausgeweitet. Im Verlauf kam es zu einer Verschlechterung des Allgemeinzustands mit Zunahme der Odynophagie, sodass die Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme nicht mehr möglich war. Ebenso traten eine Dysurie und Fieber bis 39 °C auf, und die Patientin wurde zur weiteren Abklärung und Therapie sechs Tage nach den ersten Symptomen notfallmässig stationär aufgenommen.

Die Patientin berichtet in der persönlichen Anamnese über keine Schleimhaut- oder Hautauffälligkeiten, keine Arthralgien, keine Augensymptomatik, kein Husten und keine Dyspnoe.


Die Einnahme von weiteren Medikamenten, pflanzlichen Präparaten oder Vitaminsupplementen wurde verneint. Der Ehemann und die beiden Kinder (3 und 13 Jahre alt) seien gesund. Keine Auslandreisen in den letzten Monaten.

Status


Bei Eintritt präsentierte sich eine kardiopulmonal kompensierte, febrile Patientin in reduziertem Allgemeinzustand. Bei der körperlichen Untersuchung fielen an den Lippen und enoral diffus konfluierende Erosionen und Ulzera auf erythematösem Grund auf (Mukositis und exfoliative Stomatitis mit hämorrhagisch-krustöser Cheilitis; Abb. 1). Im Genitalbereich zeigte sich eine Vulvitis und Kolpitis, an den Augen eine Konjunktivitis mit deutlicher Hyperämie der Konjunktiven. An den Oberschenkeln beidseits sowie im Glutealbereich und vereinzelt an den Oberarmen zeigten sich hellrote schiessscheibenförmige (kokardenartige) Plaques mit zentraler Purpurakomponente und Bläschen (sogenannte «Irisläsionen», Abb. 2). Die Nikolski-Zeichen 1 und 2 waren negativ.

Abbildung 1:
Erosionen und Aphthen enoral und auf den Lippen.
Abbildung 2:
Rötlich-livide schiessscheibenförmige Läsionen auf dem rechten Oberarm («Irisläsionen»).

Diagnostik und Therapie


Laborchemisch zeigten sich erhöhte Entzündungswerte (C-reaktives Protein [CRP] 111 mg/l, Leukozyten 9,5 G/l mit Neutrophilie 75%). In der Thorax-Röntgenaufnahme fanden sich keine Auffälligkeiten. Das Urinsediment blieb ohne Hinweis auf eine pathologische Erythrozyturie oder auf einen Infekt bei starker Dysurie aufgrund der genitalen Ulzera.
Anhand der Anamnese bestand initial der Verdacht auf Morbus Behçet, sodass die Patientin aufgenommen und eine Therapie mit Methylprednisolon 1 mg/kg Körpergewicht eingesetzt wurde.
Für die Diagnosestellung eines Morbus Behçet müssen rezidivierende orale Aphthen (mindestens 3-mal jährlich) als obligates diagnostisches Kriterium («The International Criteria for Behçet's Disease», IBCD, 2013) vorliegen, sowie zwei der vier folgenden Nebenkriterien:
  • Rezidivierende Genitalulzera;
  • Typische Augenläsionen (Uveitis anterior, Uveitis posterior, retinale Vaskulitis);

  • Hautveränderungen (Follikulitis, Thrombophlebitis, sterile Pusteln);
  • Positiver Pathergie-Test.


Bei der ophthalmologischen Untersuchung fanden sich keine Hinweise auf eine Uveitis bei konjunktivaler Reizung und ausgeprägter Sicca-Symptomatik. Ebenso fehlten die Arthralgien/Arthritis und die typischen Hautveränderungen. HLA-B51 zeigte sich negativ. Aufgrund der Symptomatik mit ausgedehnten Ulzerationen der Schleimhäute oral und genital, Konjunktivitis und bei kokardenartigen Läsionen erfolgte schliesslich eine dermatologische Beurteilung.

Klinisch gingen wir aufgrund der Generalisierung der Hautläsionen von einem Erythema exsudativum multiforme (EEM) vom Majus-Typ aus. Wir führten eine Hautbiopsie der typischen Effloreszenz, einschliesslich einer direkten Immunofluoreszenz (DIF) durch, vor allem um eine blasenbildende Dermatose auszuschliessen. Histologisch zeigte sich eine lichenoide Interface-Dermatitis mit geringer vakuoliger Veränderung der basalen Epithelschichten, einigen Keratinozyten-Apoptosen und teils subepithelialer Blasenbildung mit subtotaler Epidermisnekrose. Das histologische Bild war vereinbar mit einem Erythema exsudativum multiforme.

Als Trigger des Erythema multiforme kam als erstes ein parainfektiöser Prozess in Frage, am häufigsten ist eine HSV-Infektion. Vom Hausarzt wurde bei Verdacht auf Stomatitis herpetica ambulant eine Therapie mit Valaciclovir (Valtrex®) eingesetzt. Zur weiteren diagnostischen Abklärung führten wir eine serologische und mikrobiologische Testung durch, bei der eine akute HSV-Infektion ausgeschlossen werden konnte (negative Herpes-simplex-Virus-1+2-IgM im Blut, kein PCR-Nachweis von Herpes-simplex-Typ-1-/-2-DNA in den enoralen und anogenitalen Haut- und Schleimhaut-Abstrichen). Die negativen HSV-1- und HSV-2-IgM-Antikörper während der Episode und drei Wochen danach schliessen eine akute Herpes-Infektion aus.
Ebenso fand sich keine CMV-Infektion (Cytomegalovirus-IgM im Blut und q.l. – Ösophagusbiospie – nicht nachgewiesen). Die HIV-1-/2-Antikörper und -Antigen waren negativ. Für eine Mykoplasma-Infektion fanden sich klinisch und laborchemisch keine Hinweise.


Autoimmunbullöse Erkrankungen wie bullöses Pemphigoid oder Pemphigus vulgaris können sich auch mit oralen Erosionen als Erstsymptom bemerkbar machen. Hier ist neben einer (Schleim-)Hautbiopsie die Bestimmung der Autoantikörper (anti-BP180/230-AK bei Pemphigoidverdacht, anti-Dsg1/Dsg3-AK bei Pemphigusverdacht) wichtig. Beide Sets waren bei unserer Patientin negativ. Differenzialdiagnostisch musste eine schwere Arzneimittelunverträglichkeitsreaktion ebenfalls evaluiert werden. Die Patientin nahm vor dem Auftreten der Schleimhautläsionen bei grippaler Symptomatik lediglich Ibuprofen (2- bis 3-mal täglich à 400 mg) zu sich. Vier Tage danach traten die ersten Erosionen enoral und genital auf, so dass differenzialdiagnostisch auch an eine frühe Reaktion bei Sensibilisierung vom Spättyp auf Ibuprofen gedacht werden musste.

Verlauf

Aufgrund der weiteren Verschlechterung der Odynophagie, welche die perorale Flüssigkeits- und Nahrungsmittelaufnahme verunmöglichte, wurde eine diagnostisch-therapeutische Gastroskopie mit Einlage einer naso- jejunalen Sonde durchgeführt. Hier zeigten sich mehrere rötliche Schleimhautveränderungen im gesamten Ösophagus, histologisch mit umschriebener beginnend erosiver Entzündung (hier immunhistochemisch ebenfalls kein Nachweis von HSV oder CMV).


Bei Diagnose eines EEM majus begannen wir mit topischen und systemischen Glukokortikoiden (Methylprednisolon 40 mg/d über 10 Tage, dann Prednisolon [Spiricort®] 40 mg/d ausschleichend) zusammen mit einer Augenpflege mit Dexamethason- und Tobramycin-Tropfen (Tobradex®) sowie Tränenersatzmittel (Cellufluid®); einer Nasenpflege bei Krustenbildung mit NaCl 0,9% und Fusidinsäure-Creme (Fucidin®) 2-mal pro Tag und einer Mundpflege mit Wasserstoffperoxid 1,5%ig (Stammlösung 3% K, Verdünnung 1:1 mit Wasser; Magistralrezeptur; Spülung alle zwei Stunden), sowie mit Lidocain-Lösung 2% oder Lidocain-Spray (Lidoral®). Für die Lippen verordneten wir Triamcinolon-Haftpaste (Kenacort®), abwechselnd mit Fusidinsäure-Creme (Fucidin®) alle zwei Stunden. Unter diesen Massnahmen besserte sich langsam der Zustand und die Patientin konnte nach 17-tägiger Hospitalisation wieder nach Hause entlassen werden. Die Haut- und Schleimhautveränderungen heilten narbenlos ab.

Aufgrund der Differenzialdiagnose einer Arzneimittelreaktion nach Ibuprofeneinnahme wurde sechs Wochen nach Ausschleichen der Prednisontherapie ein Zytokin-Lymphozytentransformationstest durchgeführt (Zyto-LTT). Dieser zeigte eine deutliche Sensibilisierung auf Ibuprofen mit starker Interferon gamma- (IFNg-), Granzyme B- sowie Granolysin-Stimulierung. Wir stellten die Diagnose eines EEM majus aufgrund einer Spättypallergie auf Ibuprofen. Der Patientin wurde ein Allergiepass mit Sperrung von Ibuprofen und anderen Arylpropionsäurederivaten (Flurbiprofen, Ketoprofen, Nabumeton, Naproxen und Tiaprofensäure) ausgestellt.

Diskussion



Das Erythema exsudativum multiforme ist eine akute, immunvermittelte Erkrankung, die sich durch das Auftreten von typischen kokarden- bzw. schiessscheibenförmigen Hautveränderungen bemerkbar macht. Es werden eine Minus- und Majus-Form unterschieden. EEM majus zeichnet sich durch den obligaten Schleimhautbefall und systemische Symptome wie Fieber und Arthralgien aus. EEM minus zeigt meist nur palmoplantare Kokarden mit häufig nur sehr geringen oralen Läsionen, aber keinen systemischen Symptomen. Die schiessscheibenartigen Läsionen (Ring-in-Ring-Strukturen) beginnen als runde, erythematöse Makulopapeln, die sich innerhalb von 24 Stunden zu konzentrischen Makulo-Plaques ausdehnen. Ihre Farbe ist rötlich-livid, auch hämorrhagisch (an Handrücken, Handflächen, Fusssohlen, Gesicht, Streckseiten der Extremitäten). Im Zentrum der Plaques ist eine Blasenbildung möglich. Das Krankheitsbild manifestiert sich vorwiegend bei jungen Erwachsenen (20.–40. Lebensjahr), seltener bei Kindern. Es gibt Hinweise auf eine genetische Prädisposition des EEM mit folgenden HLA-Assoziationen: HLA-DQw3, -DRw53, -Aw33.

In fast 90% der Fälle ist die Krankheit durch eine Infektion (meist Viren, seltener Bakterien oder Pilze) ausgelöst. Als häufigster Auslöser ist eine Herpes-simplex-Virus, etwas seltener eine Mycoplasma-pneumoniae- Infektion beschrieben. Eine Medikamentenallergie findet sich in deutlich weniger als 10% der Fälle. Beschriebene medikamentöse Trigger sind Sulfonamide, Trimethoprim/Sulfamethoxazol, Phenytoin, Carbamazepin und nicht-steroidale Antirheumatika wie Diclofenac, Ibuprofen oder auch Acetylsalicylsäure.


Differenzialdiagnosen des EEM beinhalten für die Minus-Variante Urtikaria/Urtikariavaskulitis, eventuell das Rowell-Syndrom im Overlap mit einer Lupuserkrankung, für die Majus-Variante Stevens-Johnson-Syndrom/toxische epidermale Nekrolyse (TEN), autoimmunbullöse Dermatosen und das Sweet-Syndrom (akute, febrile neutrophile Dermatose). Pathogenetisch wird davon ausgegangen, dass die EEM Majus-Variante, das Stevens-Johnson-Syndrom und die toxisch-epidermale Nekrolyse (TEN, Synonym: Lyell-Syndrom) ein Kontinuum derselben Erkrankung darstellen und sich im Wesentlichen nur durch den prozentualen Körperoberflächenbefall der Epidermisablösung unterscheiden (bei positivem Nikolski-Zeichen). Siehe auch Tabelle 1.
Tabelle 1:
Klinik und Behandlung der EEM (minor/major) und anderen kutanen Arzneimittelreaktionen.
 Klinische MerkmalePrädilektionsstellenSchleimhautbeteili gungSystemische SymptomeHäufigste AuslöserBehandlung
EEM minorTypische Kokarden (schiessscheibenartige Hautveränderungen, «targetoid»)Extremitäten (v.a. palmoplantar, Ellenbogen, Knie), GesichtNeinNeinHSV, andere InfektionenInfektsuche und Behandlung, topische Kortikosteroide
EEM majorTypische Kokarden (schiessscheibenartige Hautveränderungen, «targetoid») ± papulöse atypische TargetsExtremitäten (v.a. Handflächen und Fusssohlen, Ellenbogen, Knie), GesichtJa, stark (mukosale/ konjunktivale Beteiligung)Fieber, AbgeschlagenheitHSV, Mycoplasma pneumoniae, andere Infektionen, selten MedikamenteInfektfokussuche und Behandlung (z.B. HSV), verdächtiges Medikament absetzen, Volumensubstitution, topische und/oder systemische Kortikosteroide, ggf. Antihistaminika
Makulo-papulöses ArzneimittelexanthemMakulo-papulöses Exanthem, keine epidermale AblösungStammbetont i.d.R. mit Aussparung des Gesichts; Betonung der Beugeseiten, intertriginös, perigenital und glutealNeinNeinMedikamenteVerdächtiges Medikament absetzten, topische Kortikosteroide, ggf. Antihistaminika
SJS/TENSchmerzhaftes, gräuliches makulo-papulöses Exanthem, evtl. atypische Kokarden, epidermale Ablösung*Stamm, GesichtObligat! Stark (insbesondere Stomatitis, Cheilitis)Hohes Fieber, reduzierter Allgemeinzustand, Heiserkeit, Dysphagie, Photophobie, LymphopenieMedikamenteAbsetzen des verdächtigen Medikaments, «best supportive care» (ggf. Intensivstation), ggf. IVIG, Cyclosporin, systemische Kortikosteroide, Analgesie
AGEPInitial konfluierendes, juckendes Erythem, sterile Pusteln, GesichtsödemStammbetont, intertriginös, ggf. disseminiertNeinFieber, reduzierter Alllgemeinzustand, Neutrophilie, TransaminasenerhöhungMedikamenteAbsetzen des auslösenden Medikaments, topische und/oder systemische Kortikosteroide
DRESSMakulo-papulöses Exanthem, GesichtsödemGeneralisiertSeltenFieber, Eosinophilie, Lymphadenopathie, Organbefall (Leber, Schilddrüse, Niere u.a.)MedikamenteAbsetzen des verdächtigen Medikaments, topische und systemische Kortikosteroide

Abkürzungen:
AGEP = akute generalisierte exanthematische Pustulose; DRESS = Drug Rash
with Eosinophilia and Systemic Symptoms (Arzneimittelexanthem mit Eosinophilie und systemischen Symptomen); EEM = Erythema exsudativum multiforme; HSV = Herpes-simplex-Virus; IVIG = Intravenöse Immunglobuline;
SJS = Stevens-Johnson-Syndrom; TEN = toxische epidermale Nekrolyse.
* epidermale Ablösung: SJS<10%, SJSfTEN Overlap10-30%, TEN >30% der Körperoberfläche.
Eine Elimination des Antigentriggers (infektiös, medikamentös) sowie die (teils) hochdosierte systemische und topische symptomatische Therapie ist meistens ausreichend für das Management, da es sich um eine selbstlimitierende Erkrankung mit meist günstigem Verlauf handelt, wenn sich kein Fortschreiten in eine TEN einstellt. Diesbezüglich muss das Integument in der Initialphase regelmässig auf den Oberflächenbefall mit Blasenbildung überprüft werden. Die kutane Beteiligung der Körperoberfläche im Sinne der Epidermolyse/ Blasenbildung/Epidermisabhebung beträgt bei EEM maximal 1–2%, im Gegensatz zum SJS (bis 10%), SJS/TEN Overlap (10–30%) oder der TEN (>30%), wobei sich die Dynamik innert sehr kurzer Zeit (Stunden) ändern kann. Die Therapie der SJS/TEN- und TEN-Erkrankungen werden weiterhin kontrovers diskutiert und beinhalten neben der Best Supportive Care in einem spezialisierten Zentrum vor allem systemische Steroide, steroidsparende Immunsuppressiva sowie intravenöse Immunglobuline (IVIG).
Eine Identifikation und Behandlung der zugrundeliegenden Ursache ist von grosser Bedeutung (Allergiepass!). Bei häufigen postherpetischen Rezidiven (>4 Herpesrezidive mit EEM/Jahr) ist eine orale Prophylaxe mit Valaciclovir über ein Jahr angezeigt (500 mg/d).



Das Wichtigste für die Praxis

Zielscheibenläsionen und Läsionen an den Händen und Füssen weisen auf eine EEM hin.

Die häufigsten Ursachen der EEM sind Infektionen, vor allem HSV- und Mycoplasma-pneumoniae-Infektionen.
Obwohl nur in weniger als 10% der Fälle eine medikamentös-allergische Ätiologie nachgewiesen werden kann, sollte diese trotzdem immer in Betracht gezogen werden bei EEM Minus-/Majusvarianten.
Allergologische Tests sind bei Verdacht auf medikamentösen Trigger indiziert.
Die Autorinnen und Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Suanita Ukic
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Str. 95
CH–9007 St. Gallen
suanita.ukic[at]sunrise.ch
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